Zuletzt aktualisiert am 28.01.2025 um 23:54 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Ist es möglich, dass die Private Krankenkasse einem Versicherungsnehmer kündigt, wenn dessen Ehefrau mehrfach fehlerhafte Abrechnungen eingereicht hat? Eine Frage, die in einem Verfahren beim Oberlandesgericht in Nürnberg erörtert und beurteilt wurde. Im vorliegenden Sachverhalt hatte der Mann seit dem Jahr 1984 einen privaten Krankenversicherungsvertrag, bei dem seine Ehefrau als Angehörige einen entsprechenden Mitversicherungsschutz genoss.
Im aktuellen Fall hatte die Ehefrau des Hauptversicherten zwischen den Jahren 2010 und 2018 insgesamt 16 unkorrekte Rechnungen bei der Erstattungsstelle der Krankenversicherung eingereicht. Alle Rechnungen waren offensichtliche Fälschungen, da keinerlei ärztliche Behandlungen oder medizinische Aufwendungen innerhalb dieses Zeitraumes stattgefunden hatten. Der Krankenversicherer erstatte dennoch zunächst eine Gesamtsumme von über 2.100 Euro. Die Zahlung stellte sich erst später als unrechtmäßig dar. Der Ehemann selbst reichte bei seiner PKV Anschaffungskosten für eine Brille ein. Hierfür erhielt er von Versicherungsseite 155 Euro. Nur kurze Zeit später gab er die Brille bei seinem Optiker zurück und erhielt den gesamten Kaufpreis von über 630 Euro zurück. Seine Versicherung setzte er von diesem Umstand jedoch nicht in Kenntnis. Nachdem die Falschangaben und die augenscheinlichen Täuschungen der Versicherung bekannt wurden, kündigte diese den Versicherungsvertrag vollständig auf. Lediglich die Pflegeversicherung blieb von dieser Kündigung ausgenommen.
Klärungsfall wer als „Repräsentant“ einzuordnen ist
Gegen die Vertragskündigung durch die Versicherung reichte der Mann Klage beim Landgericht Nürnberg ein, denn nach seiner Auffassung, sei ihm das Verhalten seiner Ehefrau gegenüber der Versicherung nicht anzulasten. Er habe von den eingereichten falschen Rechnungen und Manipulationen seiner Ehefrau keinerlei Kenntnis gehabt und sei auch nicht an den Ausführungen beteiligt gewesen. Nur bei dem Fehlverhalten in Bezug auf den Erwerb der Sehhilfe sei ihm eine gewisse Fahrlässigkeit zu unterstellen, so die Argumentation des Mannes vor Gericht. Das Landgericht Nürnberg folgte zunächst der Ansicht des Mannes, worauf es zum Berufungsverfahren beim Oberlandesgericht kam. Die juristischen Vertreter der PKV verwiesen darauf, dass die Ehefrau durch das eigenständige Einreichen der falschen Rechnungen in die handelnden Pflichten des Hauptversicherungsnehmers, also des Ehemannes, eingetreten war und diese entsprechend wahrgenommen habe. Als so bezeichnete „Repräsentantin“, hafte somit auch ihr Ehemann für das Fehlverhalten.
Nach der Rechtsentscheidung des Oberlandesgerichtes ist diejenige Person als „Repräsentant“ zu werten, welche im Geschäftsbereich des abgesicherten Risikos, in ein besonderes Vertretungs- oder sonstiges Verhältnis des jeweiligen Versicherungsnehmers eingetreten ist. Hierbei sei die sogenannte Risikoverwaltung zu berücksichtigen, dass heißt, unter Würdigung der Gesamtumstände bedarf es eines eigenständigen, nicht unbedeutenden Handlungsumfanges innerhalb des Geltungsbereiches im Einverständnisrahmen des Hauptversicherten. Bei der eigenverantwortlichen Ausübung eines Dritten in Bezug auf verwaltungstechnische Vertragsobliegenheiten spricht man dagegen von einer Repräsentantenstellung der Vertragsverwaltung. Im vorliegenden Fall bei den Handlungen der Ehefrau seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen, so die Richter. Der Ehemann habe sich nicht um die Handlungen seiner Frau gekümmert und diese nicht nachvollziehbar zur Kenntnis genommen. Somit habe die Ehefrau eigenständig und nicht für den Hauptversicherten gehandelt, was in das Spektrum der abzugrenzenden Geschäftsbereiche falle. Die einzige Pflichtverletzung des Mannes habe sich beim Brillenkauf ergeben, welches die Versicherung mit einer Abmahnung hätte rügen können. Eine Rechtfertigung für eine Vertragskündigung sei nicht gegeben, so das Oberlandesgericht.
Quelle: OLG Nürnberg (Aktenzeichen: 8U49/20)
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