Zuletzt aktualisiert am 05.10.2024 um 8:52 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Die Beamtenpensionen belasten den Thüringer Landeshaushalt zusehends und sind kaum noch vertretbar. Im Jahr 2037 werden die Zahlungen die 1-Milliarde-Grenze überschreiten. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) will der Entwicklung entgegensteuern.
Pensionsaufwendungen
Die ostdeutschen Pensionszahlungen holen stark gegenüber denen der alten Bundesländer auf, und obwohl die westdeutschen Länder einen Vorsprung von 40 Jahren haben, ist absehbar, dass sich die Ausgaben der neuen Länder in den nächsten zwanzig Jahren in etwa verfünffachen werden. Aktuell beliefen sich die Pensionsaufwendungen in Thüringen im Vorjahr auf 181 Millionen Euro, welches einer pro Kopf Ausgabe von 72 Euro entsprach und damit nur noch von Sachsen mit 58 Euro unterboten wurde. Spitzenreiter in Ostdeutschland war Sachsen-Anhalt mit 86 Euro Pro-Kopf Aufwand. Zum Vergleich sind es bei einigen westdeutschen Flächenländern wie Hessen 424 Euro und Niedersachsen 407 Euro.
Das „Thüringer Nachhaltigkeitsmodell“
Geht man davon aus, dass sich der Freistaat Thüringen auch noch in zwanzig Jahren eines Haushaltes von rund 10 Milliarden Euro bedienen kann, so wird jeder zehnte Euro zur Alimentation der Ruheständler eingesetzt. Seit 1999 wurde durch damaligen Erlass des Landtags das Thüringer Pensionsfondsgesetz begründet, zur Vorsorge und Bildung von Versorgungsrücklagen. Bereits damals war der Fonds nicht unumstritten, denn bereits in der damaligen Situation mit etwa 16 Milliarden Euro Staatsschulden und daraus resultierenden Zinszahlungen von über 700 Millionen Euro erschien es vielen Experten nicht sinnvoll große Sparvolumen anzuhäufen.
Die damalige Landesregierung richtete den Fonds dennoch ein, da seine spezifische Ausrichtung und Einlage so angelegt war, dass von jeder Tarif- und Gehaltsanpassung für die Thüringer Beamten etwa 0,2 Prozent in den Pensionsfonds einflossen. Dieser Zahlungsfluss der aktiven Beamten, die nach Angabe des Finanzministeriums rund 286 Millionen Euro umfassen, ist wesentlicher Inhalt des Fonds. Das Sondervermögen soll nun nach den Ausarbeitungen einer Expertenkommission des Finanzministeriums unter Ministerin Heike Taubert (SPD) nicht weiter angehäuft werden, sondern in das „Thüringer Nachhaltigkeitsmodell“ übergehen.
Heike Taubert warb klar dafür, dieses Modell zukünftig anzuwenden und innerhalb der rot-rot-grünen Landesregierung durchzusetzen. Kern der neuen Umsetzung ist eine jährliche Rücklage von 5500 Euro für jeden neuen Beamten und Richter, der dem Staatsdienst beitritt. Diese so gebildeten Einlagen werden ausschließlich zur Schuldentilgung verwendet, und zwar so lange, bis die betreffenden Beamten wieder in den Ruhestand gelangen. Die letztmaligen Zahlungen an den Pensionsfonds, die im Jahr 2017 eine Summe von 27 Millionen Euro ausmachten, bilden einen jährlichen Basistilgungssatz, der auch über den zukünftigen Verlauf als Fixum bestehen bleibt.
Insgesamt aber steigen die Tilgungszahlungen für Neubeamte und schlagen mit den Berechnungen für dieses Jahr mit 52 Millionen Euro zu Buche. Aufgrund des Nachhaltigkeitsmodelles wird sich für das Jahr 2019 die Summe auf 61,7 Millionen Euro belaufen. Beide Investitionen sind bereits im aktuellen Doppelhaushalt der Landesregierung berücksichtigt und beschlossen. Die Finanzministerin ist absolut überzeugt vom Sinn der Maßnahme, verzinste Kredite abzulösen, statt beim Sparen während einer Nullzinsphase.
Thüringen in einer cleveren Vorreiterrolle?
Die neue Gesetzgebung zum „Nachhaltigkeitsmodell“ ist bereits zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten und die jährliche Abführung von 5500 Euro pro neuen Beamten gilt sogar bereits seit dem 1. Januar 2017. Damit fiel die Gesetzgebung in eine wahre Verbeamtungswelle, allein schon bedingt durch den bundesweiten Kampf um neue Lehrkräfte, bei denen sich eigentlich nur noch das Land Berlin gegen die Verbeamtung von Lehrern sträubt. Allein im Zeitraum 2017/2018 übernahm Thüringen 4500 Personen in das Beamtenverhältnis, darunter viele bis dahin angestellte Lehrer. Für das Jahr 2019 rechnen die zuständigen Ministerien mit weiteren 1800 neuen Beamten.
Der Vorsitzende des Beamtenbundes Thüringen (TBB), Helmut Liebermann sieht das neue Nachhaltigkeitsmodell etwas differenzierter. Nach Auffassung Liebermanns sei der derzeitige Lösungsansatz der Regierung im Sinne der Gesamthaushaltspolitik durchaus nachvollziehbar, funktioniere aber dauerhaft nur mit gleichbleibenden und zuverlässigen Zahlen. Diesen Fakt sehe der Beamtenbund eher skeptisch und sehe durchaus auch andere Aufrechnungen. Wichtig seien in jedem Fall nicht nur Zinseinsparungen durch das Modell, sondern auch Spareffekte aller Art.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
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