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Schule ohne Schule. Das Bildungssystem auf dem Prüfstand

Lehrer spricht mit Schüler
Mrz
27
2020

Die Cororna-Krise verschärft die Missstände im Bildungssystem; Bild: photographee-eu - stock.adobe.com

Die ersten Rückmeldungen nach den Schulschließungen fielen positiv aus. Der Unterricht läuft weiter, jedoch mit einem großen Nachteil für viele Schüler*innen. Die Corona-Krise testet das deutsche Bildungssystem.

Verlängerte Osterferien. Das waren erste Gedanken vieler Schüler*innen, als Schulschließungen Anfang März das erste Mal in den Raum geworfen wurden. Nach einer kurzen Enttäuschung folgte die Einsicht, dass ein Fortführen des Unterrichts von zuhause aus vernünftig und unerlässlich ist. Nachdem der Beschluss endgültig war, musste alles ganz schnell gehen. Das Kultusministerium und die Lehrkräfte arbeiteten mit Hochdruck über das Wochenende und in den Nächten an der Umstellung zu Home-Office für Lehrkräfte und Schüler*innen. Die Notfallpläne, die über eine so kurze Zeit erarbeitet werden mussten, funktionierten. Die ersten Rückmeldungen der Eltern und Lehrkräfte waren positiv.

In Sachen Digitalisierung hinken die Schulen hinterher

Doch bei genauerem Hinsehen werden die Missstände des deutschen Bildungssystems deutlich. Zum einen betrifft es die Digitalisierung. Die meisten Schulen sind noch lange nicht so weit, um von heute auf morgen auf digitalen Unterricht umzusteigen. Lern- und Kommunikationsplattformen stürzen regelmäßig ab und sind oft nicht besonders benutzerfreundlich. Wenn aktuell über das Thema Digitalisierung diskutiert wird, kommt auch der Digitalpakt des Bundesministeriums und der Länder zur Sprache. Fünf Millionen Euro stehen den Schulen für die Digitalisierung seit Mai 2019 bereit. Dass bisher nur ein Bruchteil davon bewilligt wurde, wird jetzt spürbar.

Zum anderen wird die Chancenungerechtigkeit des Schulsystems durch die aktuelle Lage verschärft. Schule bietet Schüler*innen gerechte Möglichkeiten, sich mit Bildung von ihrer Herkunft zu lösen. Die Leistung zählt, man kann alles erreichen, wenn man sich nur anstrengt. Jeder Schüler und jede Schülerin hat die gleichen Chancen für die Zukunft. Spätestens seit dem PISA-Schock im Jahr 2000 ist allen bekannt, dass die Chancengerechtigkeit des Bildungssystems eine Illusion ist. Die PISA-Studie zeigte, dass der sozioökonomische Status der Familie einen enormen Einfluss auf den schulischen Erfolg hat. Er ist ein Indikator für die Abhängigkeit der Schulleistung von der Herkunft der Schüler*innen. Unterricht in der Schule soll diesen Einfluss minimieren. Was geschieht nun, wenn der Unterricht nicht mehr in der Schule stattfindet, sondern in der Familie? Wenn bereits Hausaufgaben stark in Kritik stehen, weil jeder andere Bedingungen zuhause hat, wie verschärft sich die Ungerechtigkeit dann, wenn der komplette Unterricht dort stattfindet?

Ungerechtigkeit des Bildungssystems jetzt noch deutlicher

Die Schule geht von einer Normalitätsannahme aus. Die Struktur des deutschen Bildungssystems ist so ausgelegt, dass Schüler*innen, die einer bestimmten Norm entsprechen hineinpassen und wenig Schwierigkeiten haben werden, erfolgreich zu sein. Diese Norm beinhaltet einen gewissen ökonomischen, kulturellen und sozialen Habitus der Familie. Dazu gehört unter anderem das Beherrschen der deutschen Sprache auf einem muttersprachlichen Niveau und Zeit, die zum Lernen zur Verfügung gestellt wird. Außerdem wird vorausgesetzt, dass sie genug Geld haben, um sich mit elektronischen Geräten, wie Laptop und Drucker auszustatten.

Dass viele Schüler*innen dieser Norm nicht entsprechen, wird durch die aktuelle Schulsituation noch deutlicher zu spüren sein. Es gibt viele Haushalte, in denen Schüler*innen durch fehlende Sprachkenntnisse nicht unterstützt werden können. Durch die Schul- und Kitaschließungen müssen Schüler*innen auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen und die Eltern unterstützen, damit sie in dieser Krise weiter arbeiten gehen können und ihren Job nicht verlieren. Es fehlt diesen Schüler*innen oft die Zeit und auch die nötige Ausstattung, um beim digitalen Unterricht mitzukommen. Vielen Erwachsenen fällt es schwer, sich im Home-Office zu disziplinieren, so stellt es auch für Kinder eine Herausforderung dar, selbstständig zu arbeiten, denn das lernen sie in der Schule nicht. Außerdem ist das Zuhause nicht für jeden ein sicherer Ort. Schule bietet vielen Kindern und Jugendlichen Schutz und Routine im Alltag. Gewalt an Kindern, ebenso wie Gewalt an Frauen, können in dieser schweren Zeit vermehrt auftreten. Häusliche Gewalt, aber auch Depressionen, sind jetzt Themen, auf die besonders geachtet werden muss. Neben Vernachlässigung kann aber auch übertriebene Fürsorge für Schüler*innen zum Problem werden. Da Eltern nicht die Arbeit der Lehrkräfte ersetzen können, sollen sie auf deren diagnostische Kompetenz vertrauen.

Chancen durch die Krise

Aus jeder schwierigen Zeit kann gelernt werden. Vorhandene Strukturen und Systeme werden auf den Prüfstand gestellt. Wenn die Pandemie überstanden ist, wird vieles nicht mehr so sein wie vorher. Es ergeben sich Chancen für die Digitalisierung, den Umweltschutz, und auch für unser Bildungssystem. Diese Chancen zu nutzen, bedeutet die Bildungsreform zu einem inklusiven Bildungssystem stärker voranzutreiben. Auch didaktisch kann einiges daraus gewonnen werden. An einem Projekt über längere Zeit als eine Schulstunde zu arbeiten bietet sich in dieser Situation an. Den Lebensweltbezug der Lerninhalte für Schüler*innen herzustellen ist gerade jetzt wichtig, wo sie in ihrer alltäglichen Umgebung leben und lernen. Weniger „teaching to the test“ und mehr „Lernen fürs Leben“.

Weiterführende Quellen zu diesem Thema
  1. welt.de – 100 Mio Euro aus Digitalpakt Schule für Online-Plattformen
  2. deutscher-kinderverein.de – Überforderte Eltern durch Corona-Krise: Kinderschützer sind besorgt
  3. news4teachers.de – VBE warnt, dass die Corona-Krise die Ungerechtigkeit in der Bildung verschärft

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