An den Schulen in der Bundesrepublik fehlt es oft an finanziellen Mitteln für Aus- und Klassenfahrten. In einigen Ländern hat sich aus diesem Grund eine Praxis etabliert, bei der Lehrkräfte auf die Erstattung ihrer Reisekosten zugunsten der Verwirklichung schulischer Projekte verzichten. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig ist eine derartige Vorgehensweise so nicht ohne Weiteres fortsetzbar.
Widersprüchliches Agieren gegen Fürsorgegrundsatz
Der Urteilsfindung des Bundesverwaltungsgerichtes lag die Klageerhebung eines Realschullehrers aus Baden-Württemberg zugrunde. Dieser hatte im Jahr 2013 eine Abschlussklassenfahrt an seiner Schule im Neckar-Odenwald-Kreis organisiert, um nach Berlin zu reisen. Der Pädagoge reichte die fünftägige Ausfahrt auf einem entsprechenden Antragsformular bei der Schulleitung ein. Bereits auf dem Formular war das Eintragsfeld vorgegeben, ob der Lehrer teilweise oder ganz auf die Erstattung seiner Reisekosten verzichten könne.
Der Realschullehrer kreuzte einen teilweisen Verzicht an, und zwar auf alle Kosten, die den Betrag von 88 Euro übersteigen würden, auch in dem Glauben, dass sich die Ausfahrt so eher realisierbar sei. Von 220 Euro Gesamtkosten bekam er in der Folge dann auch nur 88 Euro erstattet. Der Lehrer reichte Klage ein und begründete diese mit der Unwirksamkeit seines Teilverzichtes. Die Klage ging durch alle Instanzen und wurde schließlich im Revisionsverfahren vor dem obersten Gericht in Leipzig entschieden. Die Bundesverwaltungsrichter sahen einen Verstoß des Dienstherren gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht.
Interessen des Klägers ungenügend berücksichtigt
Das Gericht folgte der Auffassung eines früheren Prozesses im Falle eines angestellten Lehrers aus dem Jahr 2012 vor dem Bundesarbeitsgericht und verurteilte den Beklagten zur Erstattung des Differenzbetrages in Höhe von 109 Euro. Der Dienstherr setze die Lehrkraft bereits im Vorwege in einen Gewissenskonflikt und suggeriere, dass nur durch einen teil oder ganzem Verzicht auf Reisekostenrückerstattung die Ausfahrt zu realisieren sei. Klassenfahrten seien eine pädagogisch wertvolle Maßnahme, für deren Dauer die Lehrkräfte ihre berufliche Tätigkeit weiter ausüben.
Die vorausgesetzte Annahme des Dienstherren, das Lehrer sich an den Kosten zur Durchführung beteiligen, gehe nicht konform mit der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht und entspreche in Art sowie Ausführung der Verzichtsanfrage einer unzulässigen Rechtsausübung. Auch das Umsetzen eventuell erlassener Verwaltungsvorschriften bei derartigen Fällen muss grundsätzlich einer genügenden Würdigung der Interessen der Lehrkräfte unterliegen.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
- rehm-verlag.de – Lehrer muss nicht auf Reisekosten verzichten
- spiegel.de – Lehrer müssen nicht auf eigene Kosten auf Klassenfahrt
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