Die erste Runde der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst hat in Potsdam begonnen. Für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten fordern die Gewerkschaften unter der Federführung von Verdi-Chef Frank Bsirske Lohnerhöhungen von insgesamt 6 Prozent. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, sind bereits Warnstreiks angedacht, da im Besonderen die Gewerkschaftsforderung von mindestens 200 Euro Gehaltssteigerung bei Vertretern der Arbeitgeberseite mehrheitlich auf Ablehnung stößt.
Einige Kommunen sehen Handlungsbedarf
Der Kernpunkt zur Anhebung der Löhne um mindestens 200 Euro für jeden Beschäftigten, welcher nach Ansicht der Gewerkschaften vor allem darauf abzielt die niedrigen Lohngruppen anzuheben und der damit in diesem Bereich deutlich über den geforderten 6 Prozent liegt, sorgt für reichlich Konfliktpotenzial innerhalb der Verhandlungen. Der Verdi-Vorsitzende machte allerdings schon beim Auftakt der Gespräche mit den Arbeitgebern darauf aufmerksam, dass gerade hinsichtlich dieser Forderung die Streikbereitschaft bei den Beschäftigten enorm hoch sei. Bsirske geht herbei bereits in Kürze von ersten Streiks aus, da gerade in den unteren und mittleren Lohngruppen das Verlangen nach einer Durchsetzung der „200 Euro-Forderung“ zum Ausdruck kommen wird.
Unerwarteten Zuspruch erhielt die Gewerkschaftsforderung von Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD), der zugleich Präsident des Städte- und Gemeindebunds Sachsen-Anhalt ist. Trümper sieht in einer stetigen prozentualen Erhöhung der Gehälter die Gefahr, dass die Kluft zwischen den höheren und niedrigeren Entgeltgruppen immer größer wird. Nach Ansicht des Oberbürgermeisters sind Streiks hinsichtlich dieser Forderung unnötig und er könne dem Schritt 200 Euro mehr für jeden Beschäftigten zu zahlen durchaus zustimmen. Trümper sieht in dieser Maßnahme sogar eine Notwendigkeit, um eine Angleichung der unteren Gehaltsgruppen zu den höheren herbeizuführen. Eine prozentuale Erhöhung wirke sich bei einem Verdienst von rund 2000 Euro exorbitant anders aus, als bei Einkommen über 5000 Euro, so Trümper. Der Magdeburger Oberbürgermeister vertritt die Auffassung, dass gerade die Politik diesen Fakt begreifen müsse, damit die soziale Auswirkungskomponente einer stetigen prozentualen Erhöhung nicht außer Acht gelassen wird und sich die Einkommen der unteren und höheren Gehaltsgruppen nicht immer weiter voneinander entfernen.
Einige Arbeitgebervertreter fordern notwendiges Augenmaß
Innerhalb des sächsischen Städte- und Gemeindebundes teilen nicht alle die Auffassung des Magdeburger Oberbürgermeisters und befürchten eher eine Flucht in andere Tarife. Bei einem zu starken Anstieg der unteren Lohngruppen erhöhe sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass viele Kommunen Aufgabenfelder ausgliedern. So könnten diese beispielsweise die Müllentsorgung an Privatunternehmen übergeben und somit kostengünstigere Tarifzahlungen als unter dem Dach des öffentlichen Dienstes erreichen. Dr. Peter Lames (SPD), Bürgermeister von Dresden, warnt in diesem Zusammenhang vor einer möglichen Tarifflucht und fordert bei den Tarifverhandlungen ein unumgängliches Augenmaß.
Peter Lames steht der allgemeinen Gehaltserhöhung von 200 Euro für jeden Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eher skeptisch gegenüber und befürwortet einen angemessenen Unterschied zwischen den Gehaltsgruppierungen. Nach Ansicht des Dresdner Bürgermeisters müsse dieser Abstand gewahrt bleiben, um den Anreiz der Beschäftigten zu höherer Qualifizierung, Aufstiegsbestreben und Leistungsbereitschaft zu erhalten. Da bei der „200-Euro-Frage“ die Arbeitgeberseite doch augenscheinlich sehr gespalten auftritt und die nächste Verhandlungsrunde erst für Mitte März anberaunt ist, kann man aufgrund der Entwicklung von regionalen Warnstreiks der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst ausgehen.
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