Zuletzt aktualisiert am 12.01.2025 um 11:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 2-3 Minuten
Mit neuen Leitlinien und Fördermaßnahmen will die nordrhein-westfälische Landesregierung die bildungspolitische Zukunft im Rahmen der Inklusion vorgeben. Die von Schulministerin Gebauer (SPD) vorgestellten Punkte ernten allerdings auch viel Kritik.
Verbindliche Qualitätskriterien
In einer umfangreichen Presseerklärung sprach Ministerin Gebauer Anfang des Monats die Eckpunkte zur Neuausrichtung der Inklusion an, die nach dem Willen der Düsseldorfer Landesregierung die bildungsperspektivische Ausrichtung an den Schulen in Nordrhein-Westfalen bestimmen sollen. Die verbindlichen Leitlinien sollen die Lernangebote von Schülern mit und ohne Behinderung bündeln und an sogenannten „Schulen des gemeinsamen Lernens“ umgesetzt werden. Hierfür sind spezifische Qualitätskriterien einzuhalten, so Gebauer.
Zur Einhaltung der Vorgaben hat das nordrhein-westfälische Schulministerium eine „Inklusionsformel“ von „25-3-1,5“ definiert, wonach innerhalb der Eingangsklassen von weiterführenden Schulen auf 25 Schüler mindestens 3 Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderungsanspruch entfallen müssen. Um den Förderungsbedarf zu gewährleisten, erhält jede Schule neben der ursprünglichen Planstelle eine halbe Stelle extra. Hierdurch wird an den bisherigen Förderschulen der Umfang deutlich reduziert.
Verband schlägt Alarm
Zu dem Maßnahmenpaket der Landesregierung ergaben sich zahlreiche kritische Stimmen. Der Eltern- und Inklusionsfachverband „Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen NRW e.V.“ sieht in den neuen Standards die einseitige Stärkung der Sonderschulen und deren Flächen ausweitende Angebote. Dem Elternverband fehlt es an einem reellen Spektrum der Möglichkeiten inklusiven Unterrichts, und dieses an allen allgemeinen Schulen zu unterstützen sowie zu verbessern. Hierdurch werden die Fehler der vorherigen Landesregierung fortgeführt und an einem System der „Parallelschulen“ festgehalten.
Der Verband betonte, dass durch die zweideutige „Klientelpolitik“ von Ministerin Gebauer diejenigen gestärkt werden, welche die pädagogische Arbeit von Sonder- und Förderschulen zur qualitativen und individuellen Förderung bei Kindern mit Lernschwierigkeiten, die auf einer Behinderung beruhen, ansehen. Viele wissenschaftliche Erkenntnisse belegen hierbei allerdings Gegenteiliges. Wichtige Ressourcen auf dem Weg zur Inklusion würden den allgemeinen Schulen entzogen, so der Fachverband.
Struktureller Zwang
Die Zahl der Schulen des „Gemeinsamen Lernens“ wird deutlich absinken. Immer weniger Eltern werden die Zeit und die finanziellen Möglichkeiten aufwenden können, ihre behinderten Kinder in die kaum vorhandenen Schulen zu bringen. Der Eltern- und Inklusionsverband spricht hier von einem strukturell erzwungenen Weg in die Sonderschule. Ein selbst bestimmendes Schulwahlrecht wird durch die Kriterien der Landesregierung im erheblichen Maß eingeschränkt und nach Meinung des Verbandes per Verordnung die Regelungen des § 20 des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes unterlaufen. Dieser Paragraf sieht vor, dass die Förder- und Sonderschulen Angebotsschulen darstellen und die allgemeinen Schulen den Regelförderort bilden.
Der Vorsitzende des Verbandes, Bernd Kochanek, sieht in den neuen Eckpunkten sogar einen Widerspruch zur Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen eines qualitativen, pädagogischen Schulsystems mit inklusiver Ausrichtung. Das Kabinett in Nordrhein-Westfalen hat die neuen Regelungen bereits beschlossen und im Zuge eines Erlasses durchgesetzt. Die Änderungen erlangen mit dem Schuljahr 2019/2020 Gültigkeit. Für die weiterführenden Schulen sollen bis zum Jahr 2024/2025 rund 9.000 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Die Investitionen des Landes werden sich nach Angaben aus dem Schulministerium bis zu diesem Zeitpunkt auf etwa 127 Millionen Euro belaufen.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
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