27.07.2015 – Das ein blinder Lehrer einmal „normalen Unterricht“ geben würde, war bis vor ein paar Jahren noch nahezu unvorstellbar. Doch die voranschreitende Inklusion an Schulen jeglicher Art ermöglichte so einiges. Dies zeigt kaum eine Geschichte so sehr, wie die des sehbehinderten Lehrers Müller, der in Hofheim unterrichtet wie jeder andere Lehrer auch.
Akzeptanz bei den Schülern
Obwohl Herr Müller lediglich hell und dunkel unterscheiden kann, geht es auch bei ihm zu wie in jeder anderen Klasse. Es müssen Präsentationen gehalten werden, Tafelanschriebe gefertigt werden und Kinder aufgerufen werden. Die Kinder respektieren ihren Lehrer und wissen um sein Handicap, deshalb ist auch alles speziell auf seine Bedürfnisse ausgelegt. Tafelanschriebe werden grundsätzlich am PC gefertigt und bei Präsentationen gibt es eine sogenannte Meldeordnung. Bei diesem Verfahren werden jedes Mal die Namen derer genannt die sich gerade melden. So kann der Lehrer auswählen, wer eine Antwort geben darf. Unterlagen für Herrn Müller selbst sind in der Braille-Schrift, der gängigen Blinden-Schrift, verfasst. Seit nunmehr einem Jahr unterrichtet Herr Müller die Gymnasial-klasse und die Kinder haben sich an den besonderen Unterricht mit ihm gewöhnt. Es gibt klassenintern eine feste Sitzordnung, sodass sich die Plätz gut mit Namen verknüpfen lassen.
Gymnasium aufgeschlossen
Auch seitens der Kollegen hat niemand ein Problem mit dem blinden Kollegen. Integration wird hier groß geschrieben und es wird alles dafür getan, dass der Kollege sich gut eingegliedert fühlt. Er übernimmt tatsächlich auch alle Aufgaben, die jeder andere Lehrer zu übernehmen hat. Lediglich die Pausenaufsicht übernimmt Herr Müller nicht. Lediglich bei den Präsentationsprüfungen war man sich anfangs nicht im Klaren darüber wie Herr Müller diese am besten durchführen könne, doch auch hierfür fand man einen Weg. Die Schüler müssen die Unterlagen für die Prüfungen sowieso eine Woche im Voraus abgeben. In dieser Zeit erarbeitet sich Herr Müller mit seiner Lesekraft eine Vorstellung wie die Bilder aussehen und ist dann für die Prüfung vorbereitet.
„Tauschbörse“ für Schüler
Natürlich gibt es auch immer wieder Schüler, die nicht ganz so gut damit klar kommen, dass ihnen ihr Lehrer nicht in die Augen schauen kann. Auch dafür hat die Schule eine Lösung entwickelt. Anfang des Jahres gibt es eine Art Tauschbörse, bei der unzufriedene Schüler in eine andere Klasse wechseln können. Dazu ist normalerweise ein Tauschpartner erforderlich, doch wechseln 2-3 Schüler jährlich auch ohne Partner. Bei der Klausuren-Korrektur hilft Herrn Müller im Übrigen eine professionelle Lesekraft, die die Inhalte auf eine Art Mp3-Player spricht. Diese Kosten werden vom Schulamt erstattet.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
Bewertung abgeben*
( Abstimmen)