Zuletzt aktualisiert am 23.09.2024 um 4:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
In den letzten fünf Jahren hat sich in Bayern die Anzahl der Lehrer, die vorzeitig in den Ruhestand gehen, mehr als verdoppelt. Allein im vergangenen Jahr waren es an die dreitausend. Stress, Leistungsdruck und steigende Belastungen sind nur einige Gründe.
Parlamentarische Anfrage der SPD
Die aktuellen Zahlen veröffentlichte das bayerische Kultusministerium, resultierend aus einer parlamentarischen Anfrage der SPD-Opposition. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Simone Strohmayr, äußerte sich gegenüber Pressevertretern in München besorgt über die aktuelle Entwicklung und vertrat die Ansicht, dass die in den letzten Jahren enorm gestiegene Belastung für die Lehrer nun Auswirkungen zeige.
Strohmayr hob die besonderen Faktoren hervor, die zum einen bei älteren Lehrkräften zu längeren Krankheitsverläufen führen. Hierzu zählen im besonderen Stress und psychischer Druck. Zum anderen erkläre sich nach Meinung der SPD-Fraktionsvize das Ansteigen der vorzeitig in den Ruhestand wechselnden Beamten an den immer umfangreicher werdenden Aufgabenbereichen und den stetig gestiegenen Umfängen der Klassenverbände.
Tabuthemen bleiben meist unausgesprochen
Die Aufgaben und Anforderungen an die Schulen sind gestiegen. Digitalisierung, Inklusion, die Folgen der Flüchtlingskrise und die damit verbundene Integration von weiteren Schulkindern zu den ohnehin angestiegenen Schülerzahlen haben ihre Auswirkungen aufgezeigt. Dazu eine Entwicklung innerhalb der Gesellschaft, die eine Verrohung der Sprache und ein Klima der Gewalt seit Mitte der 90er Jahre deutlich begünstigt. Ein Tabuthema bleibt hier beispielsweise oftmals unausgesprochen und wird kaum aufgearbeitet: psychische und physische Gewalt gegen Lehrkräfte.
Zu dieser Thematik mahnt der Bayerische Lehrerverband (BLLV) bereits seit Jahren die haltlosen Zustände von steigenden, rechtsrelevanten Fällen der verbalen Gewalt und tätlichen Angriffen gegen Lehrkräfte an. Viele der Betroffenen wollen sich erst gar nicht zu dieser Problematik äußern und so entstehen große Teile der psychischen Langzeiterkrankungen von Lehrern, die in den einzelnen Bundesländern rund 62 Prozent der ursächlichen Dienstunfähigkeitsbegründungen ausmachen, von den Lehrkräften, welche vorzeitig in den Ruhestand gehen.
Verfehlte Politik
Für die SPD-Opposition im bayerischen Landtag sind all diese Fakten, Zahlen und Zeichen ein deutliches Signal für eine verfehlte Schulpolitik in der Vergangenheit. Ein Trend, der nun unbedingt umgekehrt werden müsse, so Simone Strohmayr. Bayerns neuer Kultusminister Bernd Sibler (CSU) sieht in der Entwicklung einen Umstand, welchen er durchaus sehr ernst nehme. Auf einer Pressekonferenz Ende letzten Monats nahm Sibler zur Kritik der Opposition Stellung und kündigte dringend notwendige Arbeitsschritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Lehrkräfte an.
Der Kultusminister verwies darauf, dass man mit dem neuen Bayerischen Bildungspaket bereits einen ersten richtungsweisenden Schritt unternommen habe, der für die nahe Zukunft eine weitere Einstellung von rund 2000 zusätzlichen Lehrkräften gewährleisten wird. Außerdem habe man bereits in der jüngeren Vergangenheit Maßnahmen getroffen, die darauf abzielen, die Größe der Klassenverbände kontinuierlich zu reduzieren und die ein positiveres Betreuungsverhältnis sichern. Der Minister sicherte zu, dass auch die Kernthemen wie Inklusion und Integration weitere Unterstützung erfahren werden, damit sich die Lehrkräfte besser auf ihr Hauptaufgabengebiet, die Gewährleistung und den geregelten Ablauf eines vernünftigen Unterrichts konzentrieren könnten.
Abschließend betonte Bernd Sibler die Wichtigkeit darauf zu achten, dass nicht trotz aller Anstrengungen und Bemühungen immer weitere Aufgaben auf Schulen und Lehrer lasten. Für Opposition und viele Außenstehende mögen die Antworten aus dem Kultusministerium wie die üblichen politischen Floskeln geklungen haben, die man an solcher Stelle in den letzten Jahren schon des Öfteren vernommen hat. Bleibt abzuwarten, ob eine längst unaufhaltsam vorangeschrittene gesellschaftliche Entwicklung mit all ihren Auswirkungen innerhalb der Bildung und Erziehung mit derartigen Maßnahmen in ruhigeres Fahrwasser zu steuern ist.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
- Focus Online – Kultusminister Sibler will Bayerns Lehrer mehr entlasten
- welt.de – Kultusminister Sibler will Bayerns Lehrer mehr entlasten
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