Zuletzt aktualisiert am 05.10.2024 um 8:52 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Der Vorfall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. An einer Grundschule in Teningen, nahe Freiburg, hatte Anfang März ein siebenjähriger Zweitklässler seine Lehrerin bei einem Messerangriff verletzt. Das Kind war im Vorfeld bereits mehrfach gewalttätig auffällig gewesen und die Behörden wurden seitens der Lehrerschaft über das augenscheinliche Problemkind informiert.
Reaktionen
Einem Polizeisprecher zufolge habe sich der Vorfall im Flur der Schule vor dem Klassenzimmer ereignet. Das Kind habe das Messer nicht mit zur Schule gebracht, sondern bei der Tatwaffe handelte es sich um ein Küchenmesser, welches zum Inventar der Schule gehört. Die Polizei gehe nicht davon aus, dass der Junge das Messer bewusst gegen die Lehrerin einsetzen wollte. Das Kultusministerium, das bis zum Zeitpunkt Ende März noch nicht vollends in den Vorfall einbezogen wurde, sprach in diesem Zusammenhang von einem „erschütternden Vorfall“, welcher lückenlos aufgearbeitet werden müsse.
Bereits kurz nach dem unbegreiflichen Vorfall forderte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) zum wiederholten Male einen besseren Schutz für Lehrkräfte. Der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand gab gegenüber den Medien an, dass viele Lehrkräfte die Unterstützung und Fürsorgepflicht des Dienstherrn mittlerweile lange vermissen würden. Brand wünschte der betroffenen Lehrerin eine schnelle Genesung, die sich nach dem Vorfall einer Operation unterziehen musste. Wie sich im Nachhinein herausstellte, erlitt diese eine Stichverletzung im Bauchbereich. Die Lehrerin hatte den bereits oftmals auffälligen Jungen aufgrund massiver Störungen des Unterrichts aus dem Klassenzimmer verwiesen. Als sie später nach dem Kind sehen wollte, hatte der Junge vermutlich aus einer in der Nähe befindlichen Bastelecke das Messer an sich genommen und stach zu, als die Pädagogin ihm dieses abnehmen wollte, was der ersten polizeilichen Annahme widerspricht.
Verband sieht Handlungsbedarf
Der VBE sieht sich in seiner seit Langem bestehenden Warnung bezüglich der steigenden Gewalt gegen Lehrkräfte bestärkt. Gerade in der jüngeren Vergangenheit gab es hinreichende Vorfälle und Beispiele an verschiedenen Schulen in der Bundesrepublik. Immer wieder habe der Verband bei den entsprechenden Stellen auf die Problematiken hingewiesen, so Gerhard Brand. Selbst Brandbriefe ganzer Lehrerkollegien bewirkten nichts. Auch in diesem neuen Fall wurde das zuständige Schulamt in Freiburg bereits zwei Monate vor der Tat ausführlich über das Problemverhalten des Kindes in Kenntnis gesetzt.
So wurde beschrieben, wie das Kind dauerhaft den Unterricht störe, Verhaltensauffälligkeiten wie das Schlagen und Beißen gegenüber anderen Kindern ausgeführt. Der Siebenjährige habe ein Lineal auf dem Kopf eines Mitschülers zerschlagen und Stühle umhergeworfen. Nach Auffassung der Schulleitung sei durch das erheblich aggressive Verhalten des Jungen die Sicherheit der Mitschüler nicht mehr gewährleistet und ein geregelter Unterrichtsablauf nicht mehr gegeben. Ein dringliches Handeln wurde angemahnt, um den Schüler auf eine andere, spezielle Einrichtung zu verweisen, doch vonseiten des Schulamtes erfolgte keine Reaktion.
VBE-Landeschef Gerhard Brand sieht in der Gewalt gegenüber Lehrkräften immer noch eine Thematik, die bei den zuständigen Behörden und Dienstherrn verpönt ist, obwohl diese seit einer im Jahr 2016 vom VBE in Auftrag gegebener Studie längst öffentlicher Alltag ist. 45.000 Lehrer an öffentlichen Schulen waren demnach bereits mindestens einmal Opfer von Gewalt wie Fausthieben, Tritten oder Ähnlichem geworden, also 6 von 100 Lehren. Neben den Vorfällen mit körperlicher Gewalt gab es auch eine Unzahl von Vorgängen mit psychischer Gewalt. Schon damals forderte der VEB mehr präventive Maßnahmen zur Behebung dieser Problematiken durch den Einsatz von Sozialarbeitern, Schulpsychologen und pädagogischen Sonderkräften.
Ministerpräsident Kretschmann gegen weitere Maßnahmen
Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sieht hinsichtlich der Vorfälle in der Teninger Grundschule klare Versäumnisse bei der Freiburger Schulbehörde, die früher hätte einschreiten müssen. Eisenmann betonte Ende März gegenüber der Presse, dass sich das Ministerium als oberste Aufsichtsbehörde abschließend in das Verfahren eingeschaltet habe. Es gehe hierbei auch um effizientere Lösungsansätze. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach sich im gleichen Zeitraum gegen weitere Schutzmaßnahmen für Lehrer aus. Der Ministerpräsident ist der Ansicht, dass man nicht aufgrund jedes Einzelfalles glauben müsse, die Welt zu verändern. Er selbst habe als Lehrer keinen einzigen Fall von Gewalt gegen sich oder gegen Kollegen miterlebt.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
- Esslinger Zeitung – Nach Messervorfall in Grundschule mehr Schutz für Lehrer gefordert
- News4Teachers – Was muss noch passieren, damit Lehrer mal unterstützt werden? Als gewalttätig bekannter Zweitklässler sticht mit Messer auf Lehrerin ein
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