Zuletzt aktualisiert am 18.01.2025 um 23:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Kaum eine andere Berufsgruppe sieht sich so vielen Vorurteilen ausgesetzt wie die der Beamten und Angestellten des Öffentlichen Dienstes. Dabei wird in der allgemeinen Wahrnehmung in der Regel nicht differenziert, sondern das Bild des Beamten ist die klassische Person, die in der Verwaltung oder Amtsstube hinter dem Schreibtisch sitzt und den lieben langen Tag Däumchen dreht.
Wahrnehmungen und Erfahrungen
Das Vorurteil, bei dem sich die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes während ihrer Arbeitszeit in Kommunalämtern, Landesbehörden, Sozialversicherungen und Bundeseinrichtungen in einer Art von Wellness-Oase befinden, hält sich innerhalb der Bevölkerung am hartnäckigsten. Die seit dem Jahr 2007 von der Forsa-Gesellschaft durchgeführte Studie der „Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst“ nennt noch weitere Punkte. Als negativstes Merkmal wird hier den Beamten die Eigenschaft „stur“ zugeschrieben. Anhand des Umfrageberichtes des letzten Jahres halten etwa ein Drittel die Beamten für „mürrisch“ oder auch „arrogant“.
Aus der Forsa-Umfrage ergeben sich aber auch durchaus positive Erkenntnisse, die im Ergebnis zeigen, dass die Beamten in der Wahrnehmung der Bevölkerung gar nicht so schlecht wegkommen. So hielten nur wenige der Befragten sie für ängstlich, ungerecht, schlecht oder gar überflüssig. Die positivsten Eigenschaften aus der letztjährigen Umfrage waren:
- pflichtbewusst (74 Prozent)
- verantwortungsbewusst (72 Prozent)
- zuverlässig (68 Prozent)
- kompetent (65 Prozent)
- rechtschaffen (65 Prozent)
- hilfsbereit (63 Prozent)
Zwar sind einige der Negativmerkmale aus der Umfrage im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen, doch im Hinblick auf die Ersterfassungsdaten aus dem Jahr 2007 deutlich gesunken. Außerdem ist die Bundesrepublik eines der Länder mit dem niedrigsten Korruptionswahrnehmungsindex. Spitzenreiter sind hier Länder wie Dänemark und Neuseeland – an der unteren Skala dieser Erhebung stehen Somalia und Nordkorea.
Die Legende von der stressfreien Beamtenschaft
Dass die Mehrzahl, der im Öffentlichen Dienst Beschäftigten sich nicht in einer Komfortzone aus stressfreien Arbeitsbedingungen bewegt, widerlegen zahlreiche Studien, die der Deutsche Gewerkschaftsbund seit dem Jahr 2014 in Auftrag gegeben hat. Im Zuge dieser Analysen wurden Themenbereiche wie Arbeitsbelastung, Überstunden und Wochenendschichten aufgegriffen. Als grundlegender Punkt muss hier berücksichtigt werden, dass der Öffentliche Dienst in den vergangenen Jahrzehnten einen massiven Stellenabbau zu verkraften hatte.
Von 1991 bis zum Jahr 2000 sank die Zahl der öffentlich Bediensteten von fast 7 Millionen auf knapp 5 Millionen. Im Jahr 2010 waren es noch 4,6 Millionen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst. Eine Zahl, die bis heute relativ konstant geblieben ist und von denen rund 40 Prozent verbeamtet sind. Einhergehend mit der Stabilisierung der Beschäftigten wuchsen jedoch auch die personalintensiven und anspruchsvollen Aufgabenfelder, wie beispielsweise der Ausbau von Kita- und Krippenplätzen, die politischen Um- und Zurücksetzungen im Rahmen der Bildungspolitik, die vermehrten Arbeitsaufkommen bei Polizei, Feuerwehr und Zoll sowie die Bewältigung der Flüchtlingskrise und anderer Bereiche mit hohem Verwaltungsaufkommen.
Ein Fazit aus der DGB-Studie lautet hiermit, dass bei größeren Arbeitsvolumen weniger Beschäftigte deutlich mehr unter Druck geraten, welches ein erhebliches Maß an Stress verursacht. So klagen 58 Prozent der in der Studie Befragten über einen häufig herrschenden Zeitdruck am Arbeitsplatz. Nur jeder zehnte Beschäftigte im Öffentlichen Dienst ist frei von einem terminlichen Stress. 54 Prozent der Befragten nennen als Hauptgrund der starken Arbeitsbelastung den Mangel an Personal. Bei Hoch-Qualifizierten und Akademikern klagen drei Viertel der Beamten und zwei Drittel der Angestellten über erheblichen Stress und Zeitdruck am Arbeitsplatz, was in etwa dem Wert aus ähnlichen Umfragen in der freien Wirtschaft entspricht.
Arbeitszeit, Überstunden und Arbeitsbedingungen
In vielen Bereichen des Öffentlichen Dienstes sind Wochenend,- Nacht- und Schichtarbeit sowie eine erhebliche Mehrbelastung durch Überstunden oftmals mehr Regel als Ausnahme. Hitze, Dreck und Lärm, sowie mangelnde Konzentrationsmöglichkeiten während der Arbeit sind für viele Beschäftigte ein anderer Grund für nicht optimale Bedingungen, um effizient, konflikt- und stressfrei die erforderliche Arbeitsleistung zu erbringen. Eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung wünscht sich allerdings einen „starken“ Staat mit einer funktionierenden Verwaltung und Beamtenschaft. Nach Ansicht der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Elke Hannack sind die Ergebnisse der Studie ein „Alarmsignal für die Politik“. „Es muss endlich ein Umdenken stattfinden. Ein funktionierender, attraktiver öffentlicher Dienst ist ohne verstärkte Investitionen in Personal und Ausstattung nicht zu bekommen“, so Hannack.
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