Zuletzt aktualisiert am 06.10.2024 um 8:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 5-6 Minuten
Mit dem Pflegestärkungsgesetz II wurden die bisherigen Pflegestufen durch Pflegegrade ersetzt. Mit den Pflegegraden ist nun eine umfassendere Betrachtung der Pflegebedürftigkeit gewährleistet.
Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes und damit einhergehend der Pflegegrade wurden die Pflegestufen abgelöst. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff umfasst dabei nicht mehr nur körperliche Gebrechen, sondern auch kognitive sowie psychische Beeinträchtigungen.
Die Einstufung in einen Pflegegrad findet anhand festgelegter Module statt und wird nach der Stellung eines Antrages auf Pflegebedürftigkeit bei der jeweiligen Pflegekasse durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) vorgenommen.
Was sind die Pflegegrade?
Seit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 waren die Pflegestufen in Fachkreisen stark umstritten. Mit Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes II zum 1. Januar 2017 wurden die drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade abgelöst, welche die Pflegebedürftigkeit umfassender betrachten.
Von den Pflegestufen zu den Pflegegraden
Pflegebedürftigkeit kann viele Ursachen haben. Während der alte Pflegebedürftigkeitsbegriff und die Pflegestufen bisher allerdings nur körperliche Einschränkungen erfassten, bezieht der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff nun auch kognitive und psychische Beeinträchtigung mit ein. War früher der zeitliche Aufwand der Pflege maßgeblich für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit, ist nun die Selbstständigkeit einer der größten Punkte der Begutachtung.
Von dieser Änderung profitieren vor allem Pflegebedürftige mit Demenz. Vor der Einführung der Pflegegrade wurden Demenzkranke ohne körperliche Beeinträchtigungen lediglich der Pflegestufe 0 zugewiesen und erhielten nur eine geringe finanzielle Unterstützung durch die Pflegekasse unabhängig von dem Ausmaß der benötigten Pflege. Nun erhalten Demenzpatienten abhängig von der Schwere ihrer Erkrankung Leistungen der Pflegekasse.
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff im Sinne des Gesetzes ist in §14 des sechsten Sozialgesetzbuches festgehalten. Dieser betrachtet nun nicht mehr allein wie schwer eine Erkrankung oder Einschränkung ist, sondern wie hoch der tatsächliche Hilfsbedarf hinsichtlich „gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im täglichen Leben“ (§14 Abs. 1SGB XI) ausfällt.
§ 14 SGB XI Begriff der Pflegebedürftigkeit
(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.
Wie funktioniert die Einstufung?
Ist noch keine Pflegestufe vorhanden, findet die Einstufung der Pflegebedürftigkeit anhand des Neuen Begutachtungsassessments (NBA) statt. Grundlage dieser Begutachtung ist die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit anhand der Selbstständigkeit.
Hierzu werden sechs Module zu Hilfe genommen.
Modul 1: Mobilität
Das erste Modul betrachtet die Mobilität. Hierbei geht es beispielsweise um die Frage, ob ein Pflegebedürftiger sich selbstständig im Bett aufsetzen kann, ob er die sitzende Position eigenständig halten kann oder ob er sich selbstständig im Wohnraum fortbewegen kann. Betrachtet wird also vor allem die allgemeine Mobilität.
Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Im zweiten Modul wird beurteilt, wie gut der Betroffene sich mit seinem Umfeld verständigen und seine Bedürfnisse mitteilen kann. Zudem spielt die Entscheidungsfähigkeit sowie die räumliche und zeitliche Orientierungsfähigkeit eine Rolle.
Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Das Modul 3 befasst sich mit Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen. Dabei spielen Depressionen, nächtliche Unruhe, Ängste und Aggressionen eine Rolle. Auch die eventuelle Abwehr pflegerischer Maßnahmen oder selbstverletzendes Verhalten werden in diesem Modul erfasst.
Modul 4: Selbstversorgung
Kann der Betroffene sich selbst versorgen? Also selbst Nahrung zubereiten, selbstständig zur Toilette? Liegt eine Harn- oder Stuhlinkontinenz vor? Kann selbstständig für die Körperpflege gesorgt werden?
Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
Im fünften Modul wird überprüft, ob der Pflegebedürftige selbst in der Lage ist, krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen zu händeln. Dazu gehört beispielsweise das Messen und Deuten des Blutzuckers sowie des Blutdrucks wie auch eine eigenverantwortliche Medikation und das selbstständige Wahrnehmen von Arztbesuchen.
Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
An dieser Stelle wird überprüft, ob der Pflegebedürftige in der Lage ist, sein Alltagsleben selbstständig zu gestalten und soziale Kontakte zu pflegen. Dazu gehört auch die Beschäftigung im Alltag etwa durch Hobbies sowie die Fähigkeit, in die Zukunft zu planen.
Daneben existieren zwei weitere Module, die allerdings nicht unmittelbar in die Bewertung des Pflegegrads einfließen. Das Modul 7 befasst sich mit außerhäuslichen Aktivitäten, das Modul 8 mit der Haushaltsführung. Diese beiden Module sind maßgeblich zur Pflegeplanung, Pflegeberatung und Versorgungsplanung.
Aus jedem Modul ergibt sich eine bestimmte Punktzahl, die bei Ermittlung der Gesamtpunktzahl, die ausschlaggebend für die Einstufung in einen Pflegegrad ist, unterschiedlich gewichtet werden.
So zählt das Modul 1 10%, Modul 2 und Modul 3 15%, Modul 4 40%, Modul 5 20% und das Modul 6 15%.
Anhand der Gesamtpunktzahl ergibt sich dann die Einordnung des Pflegebedürftigen in einen Pflegegrad. Dabei entspricht eine gewisse Punktespanne jeweils einem Pflegegrad:
- Pflegegrad 1: 12,5 – unter 27
- Pflegegrad 2: 27 – unter 47,5
- Pflegegrad 3: 47,5 – unter 70
- Pflegegrad 4: 70 – unter 90
- Pflegegrad 5: 90 – 100
Die Höhe des Pflegegrades ist letztlich entscheidend für die Höhe der Leistungen der Pflegekasse.
Praktisch erklärt Pflegegrade | Bundesministerium für Gesundheit
Bei einer bereits bestehenden Pflegestufe ist sichergestellt, dass niemand schlechter gestellt ist als vor der Einführung der Pflegegrade. Diese Regelung wird Bestandsschutz genannt.
Personen, die vor dem 1. Januar 2017 bereits pflegebedürftig waren, müssen sich allerdings keiner neuen Begutachtung unterziehen. Stattdessen erfolgt automatisch eine Übertragung der jeweiligen Pflegestufe in einen Pflegegrad.
Umstellung der Pflegestufen in Pflegegrade | Grafik: Beamten-Infoportal
Die Leistungen der Pflegekasse
Durch die Pflegepflichtversicherung hat jeder Pflegebedürftige mit einem anerkannten Pflegegrad Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse. Die Höhe der Leistungen ist dabei abhängig von der Schwere der Pflegebedürftigkeit sowie von der gewählten Versorgungsform.
Wird eine Person pflegebedürftig und möchte die Leistungen der Pflegekasse in Anspruch nehmen, muss ein Antrag bei dieser gestellt werden. Danach erfolgt ein Besuch des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), der die Einstufung in einen Pflegegrad vornimmt. Dabei lohnt es sich, gut vorbereitet zu sein und bereits im Vorfeld beispielsweise mit Hilfe eines Pflegetagebuchs den Umfang der Pflege festzuhalten. Letztlich kann es dabei um viel Geld gehen.
Ist ein Pflegegrad festgestellt und damit die Pflegebedürftigkeit anerkannt, werden die Leistungen der Pflegekasse an den Betroffenen ausgezahlt.
Leistungen der Pflegeklassen
Pflegegrad | Pflegegeld | Pflegesachleistung | Leistung bei teilstationärer Pflege | Leistung bei vollstationärer Pflege |
---|---|---|---|---|
1 | 0 € | 0 € | 0 € | 125 € |
2 | 316 € | 689 € | 689 € | 770 € |
3 | 545 € | 1.298 € | 1.298 € | 1.262 € |
4 | 728 € | 1.612 € | 1.612 € | 1.775 € |
5 | 901 € | 1.995 € | 1.995 € | 2.005 € |
Das sogenannte Pflegegeld wird bei einer ambulanten Versorgung des Pflegebedürftigen durch Angehörige oder Ehrenamtliche an den Betroffenen ausgezahlt und kann von diesem an die Pflegenden als eine Anerkennung derer Leistungen weitergegeben werden. Die Pflegesachleistungen sind für die Finanzierung einer ambulanten Pflege durch einen professionellen Pflegedienst oder bei einer teilstationären Behandlung beispielsweise im Rahmen einer Tages- oder Nachtpflege bestimmt. Die Leistungen für eine vollstationäre Versorgung werden – wie der Name schon sagt – bei einer vollstationären Pflege im Pflegeheim ausgezahlt.
Die Pflegezusatzversicherung
Die Leistungen der Pflegekasse helfen zwar bei der Finanzierung der Pflege, decken allerdings nur einen Teil der Kosten ab. Die Restkosten müssen durch den Pflegebedürftigen selbst getragen werden. Kann dieser nicht für die Finanzierung aufkommen, werden direkte Angehörige wie die eigenen Kinder durch den sogenannten Elternunterhalt haftbar.
Vor allem eine Versorgung in einem Pflegeheim kann schnell sehr teuer werden. So liegen die durchschnittlichen Heimkosten bei einer vollstationären Betreuung bei knapp über 3.000 €.
Daher ist es ratsam, mit einer Pflegezusatzversicherung vorzusorgen. Auf diese Weise kann die Kostenlücke bei der Finanzierung der Pflege geschlossen werden und ein Verlust des Eigenheims, der Ersparnisse sowie eine Haftung der Kinder vermieden werden.
Möchten Sie eine Pflegezusatzversicherung abschließen, stehen Ihnen die unabhängigen Fachberater des Beamten-Infoportals gerne kostenfrei und unverbindlich zur Verfügung.
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