Zuletzt aktualisiert am 01.10.2024 um 16:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 4-5 Minuten
Viele Beamte in Bayern, gerade in der Metropolregion München gehen Nebenjobs nach, um die teuren Mieten und den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Das Problem ist kein rein bayerisches, denn auch in vielen anderen Ballungszentren wie Stuttgart, Frankfurt, Hamburg oder Berlin ist es für die Beamten kaum noch möglich, bezahlbaren Wohnraum zu finden. So sind viele gezwungen nach dem täglichen Dienst beispielsweise noch als Taxifahrer, Sporttrainer, Lehrer, oder Sanitäter in einem Nebenjob zu arbeiten.
Hohe Anforderungen im Dienst
Gerade bei der bayerischen Polizei sind die Anforderungen aufgrund der hohen Erwartungen seitens der Bürger an die Sicherheit sehr hoch. Der normale Schichtdienst, gekoppelt mit vielen Überstunden und die Arbeit am Wochenende und an den Feiertagen verlangt von den Beamten jede Menge zeitintensiven Einsatz. Dennoch reicht am Monatsende das Gehalt oft nicht aus. Besonders in den Großstädten sind viele auf Einkommen aus nebenberuflichen Tätigkeiten angewiesen, um die exorbitant hohen Mieten finanzieren zu können. Oftmals nutzen die Beamten hierzu die schichtfreien Tage, die eigentlich zur Erholung gedacht waren oder arbeiten sogar zwischen den Schichten, was zur Folge hat, dass hierunter nicht nur ein als Polizist kaum zu bewältigendes „normales“ Familienleben, sondern auch die Gesundheit leidet.
Gerade der „Mittlere Vollzugsdienst“ leidet unter der Situation. Bei einer Familie mit zwei oder drei Kindern, die im Bereich der Ballungszentren lebt, ist der Geldmangel nahezu chronisch und es entsteht ein monatlicher Kampf um den Lebensunterhalt. Bei der Polizei Bayern gibt es rund 42.000 Beschäftigte, von denen etwa 32.500 verbeamtet sind. Gemeldete nebenberufliche Tätigkeiten über hiervon 6300 Personen aus. Den prozentual höchsten Anteil weist das Polizeipräsidium München auf, wo 1233 einen Nebenjob innehaben. Nach Auskunft der Pressestelle der Polizei Bayern steigt die Anzahl der gemeldeten Nebentätigkeiten stetig an und umfasst nahezu alle Bereiche vom Handwerk, dem Dienstleistungsgewerbe bis hin zu Fuhrbetrieben, Dozentenanstellungen oder privaten Nebengewerben.
Konflikt zwischen hoheitlichen Aufgaben und Nebenjob
Selbstverständlich müssen auch andere Berufs- und Personengruppen in den Ballungsgebieten oftmals etwas dazuverdienen, doch gerade bei Beamten sollte der Dienst mit wichtigen, substanziellen sowie hoheitlichen Aufgaben das arbeitstechnische Hauptaugenmerk darstellen. Im Bereich der Polizei, dem wesentlichen Bestandteil für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, ist es zumindest fraglich, ob die Beamten ohne die Verletzung des Grundsatzes sich mit voller Hingabe dem Dienst zu widmen, überhaupt eine weitere Tätigkeit ausüben sollten. So ist hier auch nicht jeder Nebenjob erlaubt, beispielsweise sind Tätigkeiten in der Gastronomie oder bei Sicherheitsdiensten untersagt. Generell gilt in Bayern auch die Faustregel, dass der Nebenjob nicht mehr als 8 Stunden die Woche einnehmen sollte.
Genehmigungspflichtige Tätigkeiten finden auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der bayerischen Steuerverwaltung statt, wo diese von rund 2200 Bediensteten ausgeübt werden. Mit einer Quote von 12 Prozent ist hier der Anteil schon recht hoch, doch wird dieser noch von den Justizvollzugsbeamten übertroffen, wo nahezu jeder fünfte Beamte oder Angestellte einer Nebentätigkeit nachgeht. Die Zahlen sind die Ergebnisse einer unlängst durchgeführten Anfrage der bayerischen Sozialdemokraten bei der Staatsregierung. Der SPD-Innenexperte Klaus Adelt hatte in diesem Zusammenhang gegenüber Presse erwähnt, dass wohl kaum ein Beschäftigter des öffentlichen Dienstes aus lauter Spaß an der Freude nach seinem Vollzeitjob noch einer Nebentätigkeit nachgehen würde.
Politisches Geplänkel
Adelt, der die Situation mit großer Sorge beobachtet, erwähnte hierbei nochmals die anspruchsvolle Tätigkeit gerade bei Polizei und Justiz. Der SPD Politiker, selbst stellvertretender Anstaltsbeiratsvorsitzender der Justizvollzugsanstalten Hof und St. Georgen-Bayreuth, hält es dringend für notwendig, die Arbeits- und Rahmenbedingungen im Bereich der Justiz zu verbessern, im Besonderen mit einer deutlichen Aufstockung des Personals und wesentlichen besseren Verdienstmöglichkeiten. Innerhalb des bayerischen Justizministeriums konnte man den Forderungen von Klaus Adelt nicht ganz folgen und merkte an, dass bereits zum 1. Januar 2017 die Nachtdienstzulage um 2,67 Euro angehoben wurde und damit 4 Euro pro Stunde gewährt wurden. Außerdem habe man im Rahmen des Nachtragshaushalts für das Jahr 2018 eine weitere Erhöhung auf 4,50 Euro geplant.
Ingo Krist, Sprecher des Justizministeriums Bayern, sagte in einer Stellungnahme, dass innerhalb des bayerischen Justizvollzugs bereits seit dem Jahr 2013 mit der Aufstockung des Personals um bislang 437 Planstellen begonnen wurde und es so gelang die Zahl der Überstunden für die uniformierten Beschäftigten, deutlich zu reduzieren. Diese Maßnahmen hätten durchaus die Wertschätzung für die Bediensteten gezeigt, so Krist. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Justizvollzugsbeamten, Ralf Simon, unterstützte die Aussagen des Ministeriums und sprach ebenfalls von einer positiven Gesamtentwicklung. Ganz anders stellt sich aber die Meinung vieler Beamter und Angestellter der Justiz und der Personalräte dar, bei denen eine enorm große Unzufriedenheit über die gegenwärtige Situation überwiegt.
Viele der Betroffenen wollen mit ihren Klagen lieber anonym bleiben, doch decken sich viele Äußerungen in Bezug auf eine zu geringe Entlohnung und auf das schwierige Arbeitsumfeld, bei dem die eigentlichen Resozialisierungsmaßnahmen für die Strafgefangenen einen viel zu geringen Stellenwert einnehmen. Es gäbe im Allgemeinen zu wenig Unterstützung, Anerkennung mit den Auswirkungen einer viel zu hohen Rückfallquote und einer weiterhin ansteigenden Kriminalisierung der Häftlinge noch während ihres Strafvollzugs. Zwar hat die bayerische Staatsregierung im November 2017 auch noch die Ballungsraumzulage angehoben, doch nach Aussage von Jürgen Ascherl, Sprecher der Polizeigewerkschaft, können die rund 40 Euro mehr im Monat nicht dazu beitragen, die enorm angestiegenen Mietpreise in München, die sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben, zu bewältigen.
Rechtliche Voraussetzungen für die Nebentätigkeit
Eine Nebentätigkeit für Beamte ist generell anzeigepflichtig oder genehmigungspflichtig, und zwar in der Regel vor Beginn der Aufnahme des Nebenjobs. Bundesbeamte finden die entsprechende gesetzliche Regelung in dem §97 (und folgende) des Bundesbeamtengesetzes (BBG). Generell ist es wichtig, dass Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes sich vorher über ihre Pflichten gegenüber dem Dienstherrn informieren. Für die einzelnen Bundesländer gelten die entsprechenden spezifischen rechtlichen Vorschriften. Grundsätzlich ist einem Beamten der Nebenerwerb in einer Selbstständigkeit untersagt, er hat jedoch auch das Anrecht einen Nebenjob auszuführen (Art. 2 und Art. 12 Grundgesetz), wobei der Dienstherr allerdings auch das Recht hat, diese Tätigkeit aus bestimmten Gründen zu untersagen oder zeitlich einzugrenzen (§ 65 Absatz 2 BBG).
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
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