Zuletzt aktualisiert am 06.02.2025 um 15:54 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 4-5 Minuten
Lehrerinnen und Lehrer sind immer öfter von Zielscheiben von Cyber-Mobbing. Schüler nutzen den Schulunterricht, um peinliche Situationen oder entwürdigende Bilder mit System ins Internet zu stellen. Ihre Vorgehensweise wird immer dreister. Verbirgt sich dahinter aggressives Potenzial oder ist den Jugendlichen die Tragweite ihrer Aktionen nicht bewusst? Prävention und ein gutes Klassenklima können helfen, Cyber-Mobbing zu vermeiden.
Gewollte Provokationen
Es ist mittlerweile ein Alltagsphänomen geworden. Schüler provozieren, beleidigen, verweigern und sprengen den Unterricht. Und wenn die Lehrkraft sich nicht mehr im Griff hat, ist der Plan aufgegangen. Ein Griff in die Hosentasche, die Szene wird verdeckt aufgenommen und mit einem Klick ist sie online. Die ersten Likes der Internet-Community sind unterwegs, ohne dass der Lehrer etwas bemerkt. Denn Teenager sind geübt und ausgesprochen gut vernetzt. Das Ganze war vorher abgesprochen. Ein Schüler provoziert. Die Mitschüler steigen mit ein. Ein anderer filmt von vorne, der Nächste heimlich unter der Bank von der Seite. Damit auch wirklich alles eingefangen wird. Besonders dreiste Schüler streamen direkt aus dem Klassenraum.
Auf den ersten Blick anonym
Vielen Lehrern ist es so oder anders schon passiert. Die meisten wissen es noch nicht einmal. Nur durch Zufall erfahren sie, dass sie mit einem schmählichen Video im Netz zu sehen sind. Manche Lehrer werden sogar namentlich erwähnt. Wenn der Lehrer keine Kontrolle über die Klasse hat, findet man das zum Lachen. Darüber ein Video zu machen, ist doch witzig, oder? Viele denken sich nichts dabei, das Video mit Freunden zu teilen, warum nicht? Letztendlich ist es anonym. Das senkt die Hemmschwelle.
Cyber-Mobbing gegen Lehrkräfte unterscheidet sich kaum vom Cyber-Mobbing gegen Mitschüler. Die wenigsten Teenager verfügen nicht über ein internetfähiges Handy. Das macht es einfacher, vermeintlich komische Situationen aufzunehmen und zu verbreiten. Mittlerweile ist es gar nicht so einfach, die Videos zu entdecken. Die Schüler wissen, dass Eltern und Lehrer auf Facebook ebenso unterwegs sind und nutzen geschlossene Netzwerke wie WhatsApp oder Snapchat.
Beschämend unecht
Die Liste der diffamierenden Videos über Lehrer wird von Realschülern angeführt, gefolgt von Gesamt- und Hauptschülern, am Ende stehen die Gymnasiasten. Auf Bewertungsplattformen wie Spickmich rechnen Schüler mit ihren Lehrern ab. Mit Hilfe von Bildbearbeitung manipulieren sie Bilder oder Videos von Lehrerinnen oder Lehrern. Verfälschte pornografische Darstellungen machen die Runde. Der Aufruf zur Gewalt an Lehrkräften mittels Hinrichtunlgsvideos ist keine Seltenheit mehr. Mit dem alltäglichen Begleiter Smartphone ist alles möglich. Technisch versiert sind die Jugendlichen. Es mangelt nur am notwendigen Wissen, was erlaubt ist und was nicht.
Medienkompetenz als Prävention
- Prävention und Aufklärung an den Schulen hat sich als ein erfolgreicher Schritt erwiesen. Die offensive Thematisierung im Unterricht und der Aufbau einer Feedbackkultur an der Schule kann dazu beitragen, dass Mobbing gar nicht erst entsteht.
- „Fächerübergreifende Medienkompetenz“ ist das Schlagwort, um die Schüler für Chancen und Risiken im Internet zu sensibilisieren. Die Schulen müssen im ständigen Dialog mit den Jugendlichen bleiben und ihnen begreiflich machen, dass sie die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.
- Gemeinsam müssen Regeln erarbeitet werden, wie man miteinander umgehen will. Der faire und respektvolle Umgang im Klassenzimmer kann als Selbstverpflichtung vertraglich dokumentiert werden.
- Projekttage in Zusammenarbeit mit Präventionsbeauftragten der Polizei, Schulpsychologen oder Medienbeauftragten können viel zur Aufklärung beitragen.
- Jugendliche müssen wissen, dass sie mit straf- oder zivilrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben. Im Ernstfall muss es Unterstützung durch Konfliktlotsen und Streitschlichtern geben, um wieder einen wertschätzenden Umgang in der Klasse zu schaffen.
Schikanen sind strafbar
Kommt es zu einer Internetattacke, bedarf es einer raschen und klaren Reaktion von Schulleitung und Kollegium gegenüber den mobbenden Jugendlichen. Es muss deutlich gemacht werden, dass solche Vorfälle nicht toleriert werden. Die Schwere des Falls entscheidet, ob ein Interventionsgespräch, eine Sanktion oder eine rechtliche Maßnahme den Zweck erfüllen.
Beleidigungen, Bedrohungen sowie die ungenehmigte Veröffentlichung von Bild- und Tonmaterial im Internet sind strafbar. In schweren Fällen oder wenn Intervention scheitert, können die Übeltäter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Allerdings müssen die die Cyber-Attacken dokumentiert sein. Dazu sollten alle Mails und Nachrichten gespeichert werden, sowie Screenshots angefertigt werden. Es müssen Angaben zum Täter gemacht und die betreffenden Plattformen notiert werden.
Der Betreiber der entsprechenden Plattform ist verpflichtet, die Diffamierungen und das Profil der Person zu löschen – wenn es dann nicht schon zu spät ist.
Ein offenes Feedback an Schulen kann dazu beisteuern, dass Mobbing an Lehrerinnen und Lehrern erst gar nicht aufkommt. Auch eine wechselseitige Kommunikation von konstruktiven Rückmeldungen kann die Beziehung der Lehrkräfte und Schüler positiv beeinflussen. Außerdem müssen die Jugendlichen aktiv und selbstverantwortlich in die Gestaltung ihrer Lernprozesse einbezogen werden. Nicht immer ist eine konstruktive Konfliktkultur in einem wertschätzenden Klima möglich. Dann sollten Schüler, Lehrer, Eltern und die Schulleitung ein gemeinsames Signal setzen:
Für feige Attacken aus sozialen Netzwerken gibt es an unserer Schule keinen Raum!
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
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