Zuletzt aktualisiert am 10.01.2025 um 7:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Seit Jahren tragen Seiteneinsteiger/ – innen dazu bei, den Lehrkräftemangel zu begrenzen, ohne dafür ein entsprechendes Lehramt studiert zu haben. Mit viel Enthusiasmus, Engagement und vorhanden fachlichen Grundkenntnissen sollen die neuen Bildungskräfte pädagogische Defizite durch entsprechende Qualifizierungen erwerben. Wie aber stellt sich die Realität dar und reichen die Fortbildungsmaßnahmen aus?
Seiteneinsteiger/ – innen längst unverzichtbarer Teil des Bildungssystems
Grundsätzlich bleibt zunächst festzuhalten, dass jedes Bundesland im Kampf gegen den Lehrkräftemangel seinen eigenen Weg einschlägt. In einen Punkt sind sich allerdings nahezu alle Bildungsminister/ – innen sowie Eltern- und Gewerkschaftsvertreter/ – innen einig: Der Seiteneinstieg ins Lehramt ist zwingend notwendig und längst unverzichtbarer Bestandteil des Bildungssystems. Die schwerwiegende Problematik, dass immer mehr Lehrkräfte altersbedingt aus dem Schuldienst ausscheiden, betrifft alle Länder gleichermaßen. So verwies beispielsweise das Thüringer Bildungsministerium darauf, dass aktuell pro Jahr zwischen 800 bis 1000 in den Ruhestand gehen würden.
Der Lehrkräftemangel ist hierbei natürlich neu, aber immer noch akut und allein mit neu ausgebildeten angehenden Lehrerinnen und Lehrern nicht zu bewältigen. So wird in den Ländern seit längerer Zeit um jede einzelne Lehrkraft geworben und auch abgeworben. Vielerorts stellt sich die Situation mittlerweile so dar, dass diese Bemühungen auch denjenigen gelten, die noch über keine entsprechende Lehramtsqualifikation verfügen. Innerhalb der Elternvertretungen herrscht dennoch die einhellige Meinung vor, dass die Verpflichtung von Seiteneinsteiger/ – innen alternativlos sei. Ein Prozess, der sich bereits seit Jahren vollzieht. So hat man etwa in Sachsen bereits im Schuljahr 2015-2016 ermöglicht, dass Seiteneinsteiger/ – innen in den Landesschuldienst übernommen werden können.
Unterschiedliche Quoten und Regelungen in den Ländern
Nach Berücksichtigung der Durchschnittswerte vom Statistischen Bundesamt wurden im Jahr 2021 rund 9 % aller Neueinstellungen in den Bundesländern durch Seiteneinsteiger/- innen abgedeckt. Die höchste Quote innerhalb der letzten Jahre ergab sich in Berlin, wo der Anteil von Quer- und Seiteneinsteigern/ – innen bei etwa 61 Prozent lag. Fallen die entsprechenden Quoten in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich aus, so ist der länderübergreifende Trend leicht rückläufig, was sich jedoch in der Prognose und situationsbedingt wieder ändern könnte.
Als grundlegende Voraussetzung für einen Seiteneinstieg ins Lehramt galten bislang ein abgeschlossenes Hochschulstudium und die Absolvierung von sogenannten Qualifizierungskursen. Die Regelungen und Qualifizierungsmaßnahmen gestalten sich allerdings von Land zu Land sehr verschieden. So durchlaufen in Sachsen die neuen Lehrkräfte eine dreimonatige Einstiegsfortbildung, während sie in Thüringen in einem dreiwöchigen Intensivkurs geschult werden. In allen Bundesländern gibt es eine berufsbegleitende Nachqualifizierung von unterschiedlicher Länge, wobei die Seiteneinsteiger/ – innen in dieser Phase bereits ihre Arbeit an den Schulen aufgenommen haben.
Pädagogische Qualifizierung und Einarbeitung
Nach Auffassung von Claudia Koch, Landeselternsprecherin in Thüringen, haben sich die vor Jahren gehegten Befürchtungen, Seiteneinsteiger / – innen würden das Bildungsniveau verwässern, nicht bestätigt. Es gäbe ausreichend qualifizierte Menschen, die vorher etwa an Universitäten gearbeitet hätten, welche für das Lehramt geeignet wären. Elementarer Kern sei eine gute pädagogische und didaktische Schulung. Wurden die neuen Lehrkräfte in der Vergangenheit noch ins kalte Wasser geworfen, so gäbe es mittlerweile mehr Qualifizierungsmaßnahmen, wobei in Teilen die bürokratischen Hürden noch abzubauen seien, so Koch.
Ein erheblicher Faktor sei die Zeit, so der Landeselternrat Sachsen. Da es zu wenige Lehrkräfte gäbe, könnten Seiteneinsteiger/ – innen nicht adäquat betreut und in das Unterrichtsgeschehen integriert werden. Ein wesentlicher Kritikpunkt, den auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) bemängelt. Für die fachbegleitenden Lehrkräfte sei der Zeitaufwand zu hoch und aufgrund des Mangels würden entsprechenden Anrechnungsstunden für die Mentoren schlicht wegfallen, so Michael Kummer, Sprecher der GEW-Thüringen. Für den Schulbetrieb wäre eine vernünftige und verbindliche Einarbeitungszeit der neuen Lehrkräfte notwendig, doch die Seiteneinsteiger/ – innen würden angesichts des hohen Bedarfs an manchen Schulen dauerhaft überbelastet.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema
1. MDR
2. Süddeutsche Zeitung
3. Statista
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