Im Zeitalter digitaler Medien sind Lehrer und Lehrerinnen nicht mehr nur auf Schulbücher, Arbeitsblätter oder Folien angewiesen. Sie greifen auf immense Materialsammlungen zu, die in digitaler Form zur Verfügung stehen. Allerdings wird die Begeisterung über die bunte Vielfalt der Quellen von der Ungewissheit getrübt, inwieweit man dabei das Urheberrecht verletzt.
Nutzung von Materialien im Unterricht
Nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) dürfen urheberrechtlich geschützte Werke an Schulen für einen gewissen Kreis von Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Maximal 10% des Werkes oder 20 Seiten dürfen pro Schuljahr kopiert und einer Schulklasse zur Verfügung gestellt werden. Beiträge aus Zeitungen dürfen zweckgebunden zustimmungsfrei verwendet werden, wenn sie nicht kommerziellen Zwecken dienen.
Um die Schulbuchverlage zu schützen, wurde gemäß § 52a Abs. 2 UrhG festgelegt, dass nur mit Einwilligung des Verlages ein Werk umgestaltet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf. Zustimmungsfrei dürfen Unterrichtsmaterialien, die sich an ein Lehrwerk anlehnen, nur dann verwendet werden, wenn diese als selbständiges Werk erstellt worden sind. Zu beachten ist dabei, dass die Neuschöpfung einen ausreichenden Abstand hinsichtlich Gliederung und Didaktik zum ursprünglichen Werk besitzt und das alte Konzept in den Hintergrund tritt.
Materialien dürfen nur dann öffentlich zugänglich gemacht werden, wenn sie der Darstellung und der Verständlichkeit des Unterrichtsstoffes an nicht gewerblichen schulischen Einrichtungen dient. Bei der Online-Nutzung von Unterrichtsmaterialien außerhalb der Unterrichtszeit zur Nachbereitung und Vertiefung des Unterrichts muss gewährleistet sein, dass nur ein abgegrenzter Kreis der Schüler Zugang erhält. Der Zugang muss durch ein Kontrollsystem wie Passwörter geregelt sein, damit nicht alle Schüler auf das Werk zugreifen können.
Sind Videos im Unterricht rechtswidrig?
Die Kultusministerien haben sich zu der Frage, ob man ein Video aus dem Internet abspielen darf, unterschiedlich geäußert. Nach Stellungnahme des Kultusministeriums Baden-Württemberg ist das Abspielen nicht rechtwidriger Videos und die Nutzung des Internets im Unterricht grundsätzlich möglich. Kleine Teile eines gedruckten Werkes, Werke mit geringem Umfang und Artikel aus Zeitungen dürfen digitalisiert einem bestimmten Kreis von Schülern zu Unterrichtszwecken zur Verfügung gestellt werden. Allerdings ist es nicht gestattet, auf digitalen Datenträgern gespeicherte Mitschnitte von Funk und Fernsehen abzuspielen. Nicht geklärt ist die Frage, ob ein aus YouTube gespeichertes Video im Unterricht gezeigt werden darf. Wer den Nutzungsbestimmungen von YouTube zugestimmt hat, darf es nicht. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nur das Abspielen per Livestream gestattet. Allerdings gilt auch hier die Regel, dass geringe Teile eines gespeicherten Werkes (max. 5 Minuten) gezeigt werden dürfen.
Das Ausleihen eines Filmes im Landesmedienzentrum ist an eine nicht öffentliche Vorführung gebunden. Auch ein privat erworbener Film darf ebenso nicht öffentlich vorgeführt werden. Da drängt sich die Frage auf, ob Unterricht eine private oder öffentliche Veranstaltung ist.
Ist Unterricht öffentlich oder privat?
Auch hinsichtlich dieser Frage gibt es unterschiedliche Standpunkte. Mehrheitlich wird die Meinung vertreten, dass die Wiedergabe von Videos in einem Klassenverband nicht öffentlich ist. Sobald sich das Publikum aus unterschiedlichen Klassen oder Kursen zusammensetzt, muss eine Vorführlizenz vorliegen. Dann wäre bereits das Zeigen eines Filmes in der gymnasialen Oberstufe mit Kurssystem ein Grenzfall, der im Zweifelsfall als öffentlich angesehen werden kann. Das Zeigen von Filmen bei Schulveranstaltungen oder größeren Teilen einer Schule ist als “öffentlich“ zu betrachten.
Lehrer befinden sich rechtmäßig in einer umstrittenen Grauzone. Nach “überwiegender Meinung”, nach “herrschender Rechtsauffassung” – die rechtliche Situation für das Anfertigen von Unterrichtsmaterialien ist nicht eindeutig. Es gibt nur deutliche Tendenzen. Eindeutiger dagegen ist die Redewendung, dass “Unwissenheit bekanntlich nicht vor Strafe schützt”.
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