Zuletzt aktualisiert am 02.10.2024 um 8:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Bereits zum zweiten Mal gab die Robert-Bosch-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ eine Umfrage in Auftrag, die vom renommierten Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt wurde und die eine Folgebefragung von Lehrkräften zu Beginn des erneuten Lockdowns im Zusammenhang mit der Corona-Krise Anfang Dezember letzten Jahres beinhaltete. Das so bezeichnete „Schulbarometer Spezial“ zeigt dabei einen wichtigen Erfahrungswert im Vergleich der beiden großen deutschen Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen bei der Bewertung des digitalen Unterrichts sowie des damit verbundenen „Corona-Managements“ an den Schulen auf.
Vergleich der beiden Länder mit den höchsten Schülerzahlen
Die Lehren aus dem ersten Lockdown im Rahmen der Corona-Pandemie wurden in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gezogen. In Sachen Digitalisierung und Distanzunterricht während des „School at Home“-Betriebes hat sich gezeigt, dass sich im föderalen Bildungssystem immer noch reichlich Verbesserungspotenzial verbirgt. Für die Lehrer und Lehrerinnen war auch die zweite Unterrichtsausfallwelle eine enorme Herausforderung und längst ist an den bundesdeutschen Schulen noch keine Normalität eingekehrt. Große Problematiken im Bereich der technischen Grundvoraussetzungen für ein digitales Lernen spielen immer noch eine wesentliche Rolle und so zeigt die Folgeanalyse des Forsa-Institutes zwischen den beiden Ländern mit den höchsten Schülerzahlen, Bayern und Nordrhein-Westfalen zum Teil gravierende Unterschiede auf.
In einem Punkt sind sich die Befragten der Analyse in beiden Bundesländern weitgehend einig: Die Grundausstattung mit digitalen Endgeräten könnte an den Schulen wesentlich besser sein. Ausgeprägter sind allerdings die Einschätzungen hinsichtlich der vorliegenden Kompetenzen bei der Nutzung der digitalen Lernformate. In Nordrhein-Westfalen sehen rund 57 Prozent der Lehrkräfte allein in diesem Segment einen erheblichen Verbesserungsbedarf, während in Bayern nur 40 Prozent diese Auffassung teilen. An diese Ergebnisse knüpfen die Umfragen zum Punkt der Fortbildungsmöglichkeiten für die Durchführung einer digitalen Bildungsstruktur an. 63 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer in Nordrhein-Westfalen sind der Meinung, dass hier seitens der Verantwortlichen viel zu wenig unternommen wird. In Bayern erheben nur 39 Prozent die Forderung nach mehr digitalen Fortbildungsprogrammen.
Bayern setzt seit Jahren stärkeren Fokus auf Digitalisierung
Schon vorangegangene Studien und Erhebungen haben deutlich aufgezeigt, dass Bayern bei der Umsetzung der digitalen Schulentwicklung sowie des Digitalunterrichts deutlich aus dem Länderindikator heraussticht. Dieses beinhaltet die Digitalkompetenzen der im Land tätigen Lehrkräfte, die Konzeptionen, Ausstattungen, Computerkenntnisse und auch die Nutzung der digitalen Medien. Laut Axel Plünnecke, Bildungsforscher am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, ein nachvollziehbarer Vorsprung, da Bayern das Thema Digitalisierung an den Schulen schon seit Jahren fokussiert vorangetrieben hat. Die Dominanz Bayerns in Sachen digitaler Bildung ist allerdings erklärbar. Zum einen sind die sozialen sowie ökonomischen Ausgangslagen völlig anders als beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und zum anderen waren die politischen Wechsel im Bildungsbereich gerade im einwohnerstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen in den letzten zwanzig Jahren wesentlich ausgeprägter als in Bayern.
Größere Klassenverbände, ein höherer Anteil von Lehrkräften, die bereits über 60 Jahre alt sind, der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern treten zudem in Nordrhein-Westfalen mehr in den Vordergrund als in Bayern, sodass die allgemeine Unzufriedenheit der im Bildungsbereich Beschäftigten sich besonders im Zuge der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie stärker ausdrückt. Das Schulbarometer bestätigt diese Entwicklung mit der Notenvergabe beim Krisenmanagement der einzelnen Landesregierungen in Bezug auf die schulischen Maßnahmen während der jeweiligen Corona-Lockdowns. Bayern belegt mit der Bestnote 3,7 den ersten Platz, während Nordrhein-Westfalen mit der Note 4,6 das Schusslicht aller Länder bei einem Bundesdurchschnitt von 4,2 bildet. Insgesamt ist die Sorge der Lehrkräfte auch um die eigene Gesundheit in allen Bundesländern sehr hoch. Nur etwa 17 Prozent der nordrhein-westfälischen Lehrerinnen und Lehrer halten die entsprechenden Corona-Maßnahmen ihrer Landesregierungen für den Schulbetrieb für ausreichend. In Bayern stimmen immerhin 38 Prozent den Vorgaben der Verantwortlichen zu.
Digitalunterricht im Verantwortungsbereich jeder einzelnen Schule
Augenscheinlich sind die bundesweiten Versäumnisse der einzelnen Länder, sich ausreichend auf einen möglichen zweiten Lockdown im Zuge der Corona-Pandemie vorbereitet zu haben und gerade im Bildungsbereich die entsprechend notwendigen Maßnahmen voranzutreiben. Dennoch sieht Bildungsforscher Axel Plünnecke die Gesamtbewältigung derartiger Arbeitssituationen in Krisenzeiten nicht in der hauptsächlichen Verantwortung der jeweiligen Bildungspolitik eines einzelnen Bundeslandes, sondern vielmehr im Aufgabenspektrum jeder einzelnen Schule. Die großen Unterschiede zwischen den Ländern, den Kommunen bis hin zu den jeweiligen Schulen machen deutlich, wie wichtig das eigenverantwortliche Handeln einer einzelnen Schule sein kann, um einen funktionsfähigen Digital- und Distanzunterricht zu gewährleisten. Im Hinblick auf oftmals äußerst schlechte Grundvoraussetzungen ein zugegebenermaßen schwieriges Unterfangen.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema
- Forsa – Das Deutsche Schulbarometer Spezial Corona-Krise
- deutsches-schulportal.de – Lehrkräfte in Bayern zufriedener als in Nordrhein-Westfalen
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