Zuletzt aktualisiert am 04.09.2024 um 16:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Seit Jahren bilden die Bundesländer Lehrkräfte weit unter dem Bedarf der Schulen aus. Der ehemalige Bildungsstaatssekretär von Berlin spricht sich für eine dringend notwendige Reform der allgemeinen Bedarfsplanung für die Lehrkräfte und der damit einhergehenden Lehrerbildung aus. Zur Untermauerung seiner Forderung beruft sich der Bildungsexperte auf eine neue Studie.
Mark Rackles (SPD) war von 2011 bis 2019 mitverantwortlich für die Sparte Bildung, Jugend und Wissenschaft in der Senatsverwaltung des Landes Berlin. Nachfolgend gründete er seine eigene Consulting-Firma und verlegte sich auf strategische Beratungen, Expertisen und Analysen. Zum Thema Lehrkräftebildung veröffentlichte er Ende September eine entsprechende Studie, die nach eigener Aussage die Bundesländer aus der ewigen Sackgasse des Lehrkräftemangels führen soll. Um die aufgrund des föderalen Systems anhaltende Einbahnstraßenstrategie in Sachen Bedarfsplanung für Lehrkräfte zu beenden, überließ Rackles die Erstpublikation der Studienanalyse den Mitgliedern der Kultusministerkonferenz (KMK) und den jeweiligen Länderparlamenten.
Drastische Defizite bei den früheren Prognosen
Gerade die Prognosen aus den Erhebungen im Rahmen der Kultusministerkonferenz hatten in der Vergangenheit immer wieder für erhebliche Fehleinschätzungen gesorgt. So hatte die Bertelsmann-Stiftung erst im vergangenen Jahr innerhalb einer Studie aufgezeigt, dass entgegen den Berechnungen der Politik allein für die Grundschulen bis zum Jahr 2025 rund 11.000 Lehrkräfte fehlen würden. Ende des letzten Jahres präsentierte die KMK dann eine aktualisierte Modellrechnung mit dem Ergebnis, dass es je nach Schulart und Bundesland sehr unterschiedliche Auswertungen gäbe, welche zum einen dramatische Bedarfszahlen an notwendigen Lehrer/- innen Stellen aufzeigten und zum anderen einen deutlichen Überschuss an Lehrkräften erwarten ließen. Unter Heranziehung derartiger Prognosen und unter Einbeziehung von neuen Quellen hat Bildungsexperte Rackles seine aktuellen Auswertungen zusammengetragen, wobei der Fokus besonders auf die bisherigen Steuerungs- und Strukturdefizite gerichtet war.
Für das Jahr 2019 konnte so errechnet werden, dass lediglich Baden-Württemberg Lehrkräfte bedarfsgerecht ausgebildet hat, während sich beispielsweise für die Länder Sachsen und Berlin Defizite von über 150 Prozent ergeben haben. Ein Grund hierfür ergäbe sich aus dem massiven Abbau von Studienplätzen. Allein in den Jahren 2011 bis 2019 hätten einige Länder zwischen 18 und 26 Prozent der Lehramtsplätze gestrichen. Beim Aufbau von Studienplätzen belegte das Land Berlin den absoluten Spitzenwert mit rund 74 Prozent. Da aber die Schülerzahlen stetig steigen, immer mehr Lehrkräfte aus dem Dienst scheiden und zu wenige der Absolventen den Vorbereitungsdienst antreten können, sind selbst derartige Zahlen nicht ausreichend.
Der ehemalige Staatssekretär gab zu bedenken, dass es bundesweit zwar ein erhebliches Plus an Abiturienten/- innen geben würde, welche ein Studium für das Lehramt beginnen würden, doch die Zahl der Absolventen/- innen sinke stetig. Er kritisierte das über-proportionierte System von mehr als 4.700 Studiengängen mit den viel zu breit gefächerten Möglichkeiten von Master, Bachelor und staatlichen Examen. Zudem sei es nicht zweckgemäß, den Studierenden die Auswahl des Schwerpunktbereiches zu überlassen, so würden von vorneherein Präferenzen geschürt, die eine spätere Orientierung beispielsweise für die Grundschulen verhindern. Das Fazit des Bildungsexperten, mit der Eigenerkenntnis nicht gegen den bestehenden Föderalismus agieren zu können, lautet eine gemeinsame länderübergreifende Vorplanung in Sachen Kapazitätsbedarf, welche von unabhängiger Stelle überwacht werden sollte. Um die Eigenbedarfsdeckung für Lehramtsabsolventen und Absolventinnen zu gewährleisten, sollten die Länder eine stand-vertragliche Verpflichtung eingehen.
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