Zuletzt aktualisiert am 28.09.2024 um 12:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Der Lehrerberuf verlangt viel ab. Neben dem Unterricht müssen Arbeiten korrigiert, Lerninhalte vorbereitet und Elternabende organisiert werden. Nur ein kleiner Auszug aus dem alltäglichen Arbeitsgeschehen, das vom Bundesverband der Philologen kürzlich im Rahmen einer Studie untersucht wurde, um festzustellen, wofür die Lehrkräfte in der Bundesrepublik ihre Zeit aufwenden und ob sich der geleistete Aufwand noch in einem verträglichen Rahmen bemessen lässt.
Die überwiegende Mehrheit der Lehrkräfte liebt ihren Beruf und sieht diesen als persönliche Bereicherung sowie wertvolle Aufgabe an. Dennoch wissen viele auch um die negativen Seiten ihrer Tätigkeit, die vielen Überstunden, den dauerhaften Druck, die ständigen Anspannungen, den Stress und die immer größer werdenden Anforderungsbereiche. Um all diese Problematiken im Lehrerberuf zu analysieren und die jeweiligen Situationen in den Ländern und beim Bund besser einschätzen zu können, hatte der Bundesverband der Philologen eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben. Unter dem Arbeitstitel „Lehrerarbeit im Wandel“ protokollieren Lehrer aus allen sechzehn Bundesländern über vier Wochen lang in detaillierten Auflistungen, wofür sie Zeit investieren.
Veröffentlichung der Ergebnisse im Herbst 2020
Die Erfassungskriterien umfassen den Regelunterricht, Vertretungsstunden, Vor- und Nachbereitungen, die Aufsicht in den Pausen, Korrekturen oder auch Gesprächszeiten mit Eltern, Schülern und innerhalb des Kollegiums. Die Auswertung für die einzelnen Länder und für das gesamte Bundesgebiet erfolgt in Kooperation mit dem an der Universität Rostock beheimateten Institut für Präventivmedizin. Die vollständige Studienanalyse und Datenveröffentlichung soll im Herbst 2020 erfolgen. In der Tendenz ist bereits jetzt erkennbar, dass viele Lehrer die empfohlene Wochenarbeitszeit für Beamte, die zwischen 40 und 42 Stunden liegt, deutlich überschreiten. Für einige Lehrer, darunter Jens Finger, Vorsitzender des Philologenverbandes Schleswig-Holstein und Gymnasiallehrer an der Alexander von Humboldt-Schule in Neumünster, ist die Studie ein wichtiger Nachweis zur Arbeitszeit und wie er selbst, hätten viele Lehrer bereits die Vermutung gehegt, dass der zeitliche Aufwand über die eigentliche Wochenarbeitszeit hinausgehen würde.
Die allgegenwärtigen Stresssituationen seien für Lehrkräfte längst Normalität, so Finger und man habe ständig das Gefühl unter „Strom“ zu stehen. Viele Extrembelastungen treten dabei in wiederkehrenden Intervallen auf, da neben dem laufenden Unterricht immer weitere Tätigkeitsbereiche hinzukommen würden. Diese Belastungen und die damit einhergehenden Veränderungen im Schulbetrieb haben die Berufsgruppe besonders anfällig für gesundheitliche Probleme, wie beispielsweise „Burn-out“ gemacht. Mit Schwierigkeiten belastet seien auch die Unterschiede in Sachen Bildungspolitik. So gäbe es in einigen Bundesländern keine verpflichtenden Schulartempfehlungen mehr, was in der Folge verschiedenartige Vorbereitungszeiten für die einzelnen Schüler bedeuten würde, da das Leistungsniveau teilweise erheblich auseinanderklaffe. In diesem Zusammenhang plädiert der Landesvorsitzende des Philologenverbandes dafür, jedem Schüler die richtige Schule zuzuweisen und nicht gemäß dem Credo eine Schule für alle zu verfahren.
Dass die Belastungen an den Gymnasien enorm angestiegen sind, bestätigt auch die Bundesvorsitzende des Philologenverbandes, Susanne Lin-Kitzing. Ihrer Auffassung nach ist die derzeitige Situation längst nicht mehr mit der Art von Schule von vor zwanzig oder dreißig Jahren vergleichbar und daher sei eine Studie zur tatsächlichen zeitlichen Belastung der Lehrkräfte unbedingt notwendig gewesen. Nur durch eine entsprechende Analyse könnten die Veränderungen im Lehrerberuf aufgezeigt werden, um daraus resultierende Folgeerscheinungen zu verstehen. Durch den erheblichen Zeitaufwand, den die Lehrer zur Bewältigung ihrer Aufgaben einsetzen, würden viele private Belange hinten anstehen müssen, so auch beispielsweise die eigene Kindeserziehung. Einer der Gründe, warum viele Lehrkräfte bereits lediglich nur noch in Teilzeit arbeiten würden, so Lin-Kitzing. Einen geregelten Feierabend versprechen aber selbst solche Maßnahmen nicht, wenn am Abend das Telefon klingelt und sich Gespräche mit den Eltern ergeben. Der Philologenverband erwartet von den Ergebnissen der Studie eine deutliche Aussagekraft, die den politisch Verantwortlichen verdeutlicht, dass die Lehrkräfte längst am Ende ihrer Leistungskraft angekommen sind.
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