Zuletzt aktualisiert am 02.09.2024 um 20:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Der Lehrermangel in der Bundesrepublik hat neue Sachlagen und Entscheidungen mit sich getroffen. Insgesamt haben sich in der Folgezeit teilweise drastische Maßnahmen ereignet und werden Einfluss auf die zukünftigen Generationen und bildungspolitischen Grundsätze nehmen. Die Gewinnung von neuen oder zusätzlichen Lehrkräften hat in einigen Bundesländern zum Umdenken und Handeln geführt. Mehr Lehrer ist die Devise, aber kann dieses auch bedeuten: mehr Lehrer um jeden Preis?
Das Ringen um Fachkräfte, Nachwuchs und Quereinsteiger
In Brandenburg schien sich die Situation bereits etwas entspannt zu haben. Durch Besoldungsanpassungen und andere Maßnahmen konnte die Attraktivität des öffentlichen Dienstes scheinbar gesteigert werden. Dem Bundesland gelang es zunächst etliche Stellen mit Lehrkräften zu besetzen, die aus anderen Ländern abgeworben wurden. Andere Stellen wurden durch Quer- und Seiteneinsteiger besetzt. Zuletzt griff das brandenburgische Bildungsministerium unter der zuständigen Ministerin Britta Ernst sogar zu noch ungewöhnlicheren Maßnahmen, um die jährlich etwa 1000 benötigten neuen Lehrerstellen zu besetzen.
Bereits vergangenes Jahr stellte man 32 Lehrer aus Polen ein, in diesem Jahr waren es dann sogar 70 Pädagogen. Ein bei vielen Seiten umstrittener Schritt, welcher auch neue Probleme schaffte, da einige der neuen Lehrkräfte aus dem Nachbarland nur über ungenügende Deutschkenntnisse verfügen. Hier hilft dann ab und an ein Kind als Übersetzer aus und einen Mangel an Motivation kann man den polnischen Neulehrern wahrlich nicht absprechen, da diese die neue Aufgabe sehr engagiert angehen und nebenher natürlich auch intensiv ihre Deutschkenntnisse verbessern.
Unterrichtsausfall und EU-Lehrer
In Fachbereichen wie Sport und Englisch mögen diese selbst neu zu integrierenden Lehrkörper funktionieren, doch wie verhält es sich dann mit Sachkunde- und Deutschunterricht? In jedem Fall verteidigt Brandenburgs Bildungsministerium seine Linie und wirbt weiterhin mit intensiven Stellenanzeigen und Flyern um Lehrkräfte aus allen EU-Ländern. Neben dem fehlenden deutschen Pass ist auch die fehlende pädagogische Ausbildung längst kein Hindernis mehr, um in Brandenburg bestmögliche Chancen sowie Förderung als künftige Lehrkraft zu erhalten.
Gerade in Brandenburg fielen im letzten Schuljahr so viele Unterrichtsstunden aus, wie in den letzten 10 Jahren zuvor nicht mehr. Insgesamt beliefen sich die Zahlen auf 255.000 Unterrichtsausfallstunden für das Schuljahr 2016/2017. Nur durch Quer- und Seiteneinsteiger war der Lehrermangel besonders an den Grundschulen nicht in den Griff zu bekommen. In den östlichen, grenznahen Regionen ist der Lehrermangel noch gravierender. Etwa 10 Prozent aller Unterrichtsstunden wurden nicht von Fachlehrern erteilt und die Anzahl der in den nächsten Jahren anstehenden Pensionierungen beträgt rund 2000, während deutlich mehr Kinder zukünftig Unterricht benötigen werden.
Während Vertreter es Landeselternrats Quer- und Seiteneinsteiger sowie auch die Lehrkräfte aus anderen EU-Ländern nur für eine Notlösung halten, ist die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) der Überzeugung, dass deren Anzahl mangels Alternativen in den nächsten Jahren noch zunehmen wird. Der Vorsitzende der brandenburgischen GEW, Günther Fuchs, sprach diesbezüglich von einer Übereinkunft mit dem Bildungsministerium, dass spätestens im Jahr 2019 die bislang durchgeführte berufsbegleitende Schnellausbildung, durch ein dreimonatiges Qualitätsseminar für die Ausbildung von Quer- und Seiteneinsteigern ersetzt werden soll.
Probleme in fast allen Bundesländern
Bundesweit blieben im Jahr 2017 rund 3400 Lehrerstellen unbesetzt. Am extremsten stellt sich die Situation immer noch in Nordrhein-Westfalen, Berlin und in Sachsen dar. In Berlin behalf man sich zunächst mit der Einstellung von Quereinsteigern (Quote 41 Prozent) und massiven Abwerbungen aus den Nachbarländern. In Sachsen war die Quote an Quereinsteigern noch höher (über 50 Prozent). Eigentlich haben allerdings fast alle Länder Probleme, sodass vielerorts die pädagogische Gesamtkonzeption schlichtweg auf der Strecke bleibt. Die Personaldecken sind einfach zu dünn.
Selbst in Bayern, dem vermeintlich reichsten Bundesland, fehlen nach Schätzung der GEW etwa 400 Lehrer für die Grund- und Hauptschulen. Auch Baden-Württemberg konnte 600 Lehrerstellen nicht besetzen. In Nordrhein-Westfalen blieb beinahe jede zweite Grundschulstelle ohne Lehrkraft. Hier wurden zu Beginn des Schuljahres mehr als 5400 Stellen ausgeschrieben – mehr als 2100 konnten nicht besetzt werden.
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