10 Minuten vor Ende des Unterrichts meldet sich ein Schüler der 7. Klasse und bittet die Lehrerin, zu Toilette gehen zu dürfen. Die Lehrerin untersagt ihm dies mit der Begründung, dass die Pause nah sei. Dürfen Lehrer das?
Schüler, die mehrfach in der Stunde zur Toiletten möchten. Schüler, die kurz nach Stundenbeginn oder kurz vor Ende der Stunde zur Toilette möchten. Welcher Lehrer kennt dies nicht? Um die Störungen des Unterrichts zu reduzieren untersagen Lehrer immer wieder den Gang zur Toilette, während Schüler auf das Recht der Befriedigung der Grundbedürfnisse pochen.
Rechtliche Lage im Schulgesetz
Weder auf landes- noch auf bundesweiter Ebene existiert ein Gesetz, welches die Toilettengänge der Schüler während des Unterrichts regelt. Somit scheint die Entscheidung, ob ein Schüler während der Stunde die Toilette aufsuchen darf, dem Lehrer überlassen. Diesen Eindruck unterstützt auch das geltende Schulrecht, welches die Schüler zur Teilnahme am Unterricht verpflichtet, sofern sie nicht durch Erziehungsberechtigte, Lehrer oder die Schulleitung davon befreit wurden.
Gesetz der Menschenwürde
Dagegen steht die im ersten Artikel des Grundgesetzes verankerte Menschenwürde. Diese garantiert jedem Menschen eine menschenwürdige Behandlung. Dazu zählt auch die Möglichkeit zur Befriedigung dringender menschlicher Bedürfnisse wie der Gang zur Toilette. Wird ein Schüler zum Aufhalten eines dringenden menschlichen Bedürfnisses gezwungen, so könnte dies zum Vorwurf der Körperverletzung im Amt nach § 340 des Strafgesetzbuches führen oder als Misshandlung von Schutzbefohlenen § 171 des Strafgesetzbuches ausgelegt werden.
Umsetzung der rechtlichen Regelungen
Dennoch sind Lehrer nicht generell dazu verpflichtet, den Toilettengang zu gewähren. So darf die Entscheidung von Faktoren wie der Häufigkeit der Bitte um einen Toilettengang des Schülers sowie der Glaubwürdigkeit desselben und der Dringlichkeit des Wunsches abhängig gemacht werden. Dabei dürfen Lehrer voraussetzen, dass es gesunden Schülern jeden Alters möglich ist, für die Dauer der Unterrichtsstunde ohne einen Toilettengang auszukommen. Leidet ein Schüler allerdings an einer Blasenschwäche oder einer Blasenentzündung, so ist er unter der Voraussetzung der Vorlage eines ärztlichen Attestes davon ausgenommen. Auch im Fall einer hohen Dringlichkeit des Bedürfnisses des Toilettengangs muss dieser dem Schüler durch den Lehrer aufgrund der Einhaltung der Menschenwürde gewährt werden.
Ob der Lehrer einem Schüler den Gang zur Toilette während der Stunde gestattet, hängt von verschiedenen Faktoren und damit dem Ermessen des Lehrers ab. Allerdings darf der Toilettengang nicht gänzlich untersagt werden. So muss beispielsweise aufgrund von Krankheiten oder im Fall einer hohen Dringlichkeit des Bedürfnisses der Schüler für die Dauer des Toilettenbesuchs vom Unterricht befreit werden.