Zuletzt aktualisiert am 09.10.2024 um 20:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Im hessischen Offenbach haben zahlreiche Lehrer ein Notsignal an das zuständige Kultusministerium gesendet. Aufgrund ihrer zunehmenden Überlastungen am Arbeitsplatz und der zu leistenden Arbeitszeit starteten die Pädagogen ein alarmierendes Hilfeersuchen, welches nun die Opposition im hessischen Landtag auf den Plan rief, die umgehend eine Untersuchungsstudie zum Zeitaufwand der Lehrertätigkeit forderte.
Eingehender Appell
Das Kollegium der Edith-Stein-Schule in Offenbach, einer integrierten Gesamtschule, das nach Berichten der Regionalpresse einem erheblichen arbeitsbelastenden Druck ausgesetzt ist und personell das Limit der machbaren Leistungsgrenze erreicht hat, hat nun fast geschlossen einen mahnenden Apell an das hessische Kultusministerium in Form einer Anzeige zur Arbeitsüberlastung eingereicht. Der Direktor der Schule bestätigte das Anliegen der Kollegen, welche die mangelhafte Personaldecke beklagten und hierbei wichtige Aufgabengebiete, wie beispielsweise die Inklusion von Schülern mit Beeinträchtigungen sowie die schulische, soziale Arbeit.
Ein solcher Hilfeappell von Lehrkräften an das Kultusministerium ist in jüngster Zeit nichts Ungewöhnliches und wurde auch von schon von anderen Pädagogen in anderen Bundesländern als vermeidlich letztes Mittel gewählt, um auf die vorhandenen Problematiken aufmerksam zu machen. Auch an der hessischen Schillerschule, ebenfalls einer integrierten Gesamtschule und an der Bachschule, einer Haupt- und Realschule mit entsprechender Förderstufe, überlegen die Lehrer einen derartigen Schritt. Nach Aussagen vieler Lehrkräfte haben inzwischen anderweitige Tätigkeiten den größten Teil ihres eigentlichen Lehrauftrages eingenommen. Einige sehen sich in Bereichen, für die sie keine qualifizierte Ausbildung erhalten haben und nennen hier die psychologische Betreuungsarbeit, die Beratung bei Drogenproblemen oder die Sozialarbeit.
Motivierte Lehrkräfte trotz erheblicher Belastung
Dennoch ist die Motivation bei vielen Lehrern immer noch sehr hoch. Gerade die „neuen“ Lehrer, die als Quer- und Seiteneinsteiger in den Beruf gekommen sind, verspüren jede Menge Enthusiasmus. Nach einer Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind Lehrer neben der hohen Motivation allerdings auch sehr hohen Belastungen ausgesetzt. Die Analyse der Georg-August-Universität, erarbeitet von den beiden Göttinger Sozialwissenschaftlern Dr. Frank Mußmann und Dr. Thomas Hardwig, beinhaltet die Ergebnisse aus verschiedenen Studien der letzten 60 Jahre und ist so dazu geeignet, ein umfassendes Bild der Arbeitszeitenbelastung für Lehrkräfte darzustellen.
Die Wissenschaftler erklärten, dass die Vorgaben zur Arbeitszeit bei den Lehrkräften sehr hoch einzuordnen sind. Dieses sorge dafür, dass im Ergebnis Lehrer schlechtergestellt sind als andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Führt man die Arbeitszeitverkürzungen der letzten Jahre heran, so stellt man fest, dass diese nur eine unvollständige oder zeitverzögerte Wirkung auf den Lehrberuf hatten. Für den Lehrberuf gilt in der Regel eine 7-Tage-Woche bei Regelschulbetrieb und die wirkliche Arbeitszeit kann nicht begrenzt werden. Die für die Tätigkeit dringend benötigten Erholungszeiten sind nach Angaben der Experten deutlich zu gering. Zu den enormen Belastungsfaktoren zählen laut der Studie und einer entsprechenden Mitteilung der GEW die Inklusion, der Ganztagsunterricht und die sprachfördernden Maßnahmen.
Forderungen der Opposition in Hessen
Die Fraktionen der hessischen Oppositionsparteien SPD und FDP haben am vergangenen Donnerstag im hessischen Landtag eine weitere Prüfung zur Belastung der Lehrer im Bundesland gefordert. Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Greilich forderte die Landesregierung auf, dem Ansinnen der Opposition zu folgen und nicht weiter untätig zuzusehen, wie immer mehr Lehrer und Schulleiter Hilfe suchende Überlastungsanzeigen und Problemschilderungen an das Ministerium vorbringen. Kultusminister Alexander Lorz (CDU) äußerte sich während der gesamten Debatte nicht zu den Forderungen und verwies in seiner Rede auf die oberste Priorität zur Gewinnung neuer Lehrkräfte.
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