Lehrer unterliegen besonderen berufsbedingten Belastungen. Die Anforderungen des Schulalltags erfordern viel mentale Stärke und psychische Stabilität. Mangelnder Respekt seitens der Schüler, aber auch innerhalb der Gesellschaft führen dazu, dass die Lehrkräfte eigen initiativ tätig werden müssen. Nur wenn die Betroffenen aktiv gegensteuern können die Erfahrungen aus respektlosen Behandlungen ohne negative Folgen bleiben.
Nach einer Studienanalyse der Konrad-Adenauer-Stiftung hatte besonders die Berufsgruppe der Lehrer im Ansehen der Gesellschaft erheblich an Respekt eingebüßt und im täglichen Unterricht erfahren die Pädagogen von ihren Schülern auch immer seltener die entsprechende respektvolle Anerkennung. Die tendenziell negative Entwicklung birgt erhebliche Gefahren. Beamte müssen auf diese spezifischen Einflüsse reagieren und sich den Anforderungen an eine psychische Stärke stellen. Neue Studienergebnisse renommierter internationaler Wissenschaftler belegen, dass Betroffene, die respektlos behandelt werden, dazu tendieren ein zynisches Menschenbild aufzuzeichnen. Gerade dieser Aspekt führt allerdings wieder dazu, weitere respektlose Behandlungen zu erfahren. Ein Teufelskreis, auch für Beamte!
Die Wechselwirkung des Täter-Opferschemas
Durch die aufwendigen wissenschaftlichen Analysen mehrerer Studien, deren Zusammenführung und Interpretationen, konnten der Sozialpsychologe Daniel Ehlebracht, tätig am Institut für Soziologie in Köln und die US-amerikanische Professorin Kathleen D. Vohs einen Kreislauf zwischen erlebter Respektlosigkeit und einem zunehmenden Zynismus gegenüber der menschlichen Natur herleiten. Aus respektloser Behandlung erfolgt Zynismus, die Gefahr weiterhin respektlos behandelt zu werden und sich auch gegenüber seinen Mitmenschen zunehmend respektlos zu verhalten. Grundlegend für diese sozialpsychologischen Ergebnisse waren Untersuchungen, die unterschiedlichen Methodiken unterlagen. So basierte eine Fallstudie unter rund 1.600 Teilnehmern auf der eingehenden Klärung des kausalen Effektes einer erfahrenen Respektlosigkeit bis zum Verhaltensprofil eines ausgehenden Zynismus sowie des umgekehrten Vorgangs.
Daten aus dem europäischen Sozialerhebungsindex (European Social Survey – ESS) unterstützten die Studienergebnisse, wobei repräsentative Stichproben von über 53.000 Befragten aus 29 europäischen Ländern in die Untersuchungen einflossen. Es bestätigte sich, dass in 28 Ländern ein Zusammenhang zwischen Respektlosigkeit und Zynismus zugrunde gelegt werden konnte. Parallel durchgeführte Untersuchungen aus Daten der amerikanischen HRS-Studie (Health and Retirement Study) mit Befragungsauswertungen von fast 20.000 Personen, hatten zum Ergebnis, dass die auftretenden Wechselwirkungen zwischen erlebter Respektlosigkeit und Zynismus im Durchschnitt rund 4 Jahre Entwicklungszeitraum benötigen würden.
Dieser Teufelskreis einer Opfer-Tätermentalität, die sich zum beidseitigen Verhaltensmuster generiert, ist damit ein problematisches, soziologisches Wechselsyndrom. Nach Aussagen des Sozialpsychologen Daniel Ehlebracht tendieren Menschen, die von anderen respektlos behandelt wurden dazu, die negativen Erfahrungen zu pauschalisieren und dann meist völlig unberechtigt andere Menschen für egoistisch, unmoralisch oder für unfair zu halten. Dieses verzerrte Bild von Menschen ist dann wiederum ursächlich für weitergehende schlechte Erfahrungen und eigenes Fehlverhalten. Die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen können erheblich dazu beitragen, weshalb in vielen Gesellschaften der Einfluss von Zynismus und Respektlosigkeit gegenüber den Mitmenschen ansteigt, so Ehlebracht.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema
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