Zuletzt aktualisiert am 16.11.2024 um 23:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Fast 90 Prozent der Schulleiter erwarten, dass digitale Bildungsinhalte fester Bestandteil innerhalb der Lehrerausbildung werden, und halten den Wandel unter Einbeziehung der Digitalisierung für unabwendbar. Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt auf, dass der überwiegende Teil der Rektoren und Lehrer der Überzeugung sind, digitale Medien werden dazu beitragen, die Attraktivität ihrer Schule zu steigern. Zu den Erwartungen, den Zweck und Nutzen gibt es jedoch durchaus unterschiedliche Auffassungen.
Das pädagogische Potenzial der Digitalisierung
Schon in der Vergangenheit beschäftigte sich die Bertelsmann-Stiftung mit dem Thema Digitalisierung, auch in Zusammenhang mit bildungsrelevanten Kernpunkten. In dem Studienbericht und der Umfrage „Monitor Digitale Bildung – Die Schulden im digitalen Zeitalter“ werden repräsentative und umfassende Daten seit August 2016 zusammengetragen und analysiert. Jörg Dräger, Vorsitzender der Bertelsmann-Stiftung, ist aufgrund der aktuellen Ergebnisse und Sachlage der Auffassung, dass die Schulen das pädagogische Potenzial des digitalen Wandels noch lange nicht nutzen. „Digitale Medien können dabei helfen, pädagogische Herausforderungen wie Inklusion, Ganztagsschule oder die Förderung lernschwacher Schüler zu bewältigen“, so Dräger bei der Präsentation der neuen Studie für 2017.
Für viele Lehrer und Schulleiter steht unterdessen fest, dass der IT-Support deutlich professioneller durchgeführt werden müsse. Außerdem könne eine Vertiefung und Übermittlung der digitalen Lerninhalte nur erfolgen, wenn die Lehrkräfte mehr pädagogische Unterstützung im Umgang mit neuen Lernmaterialien erhalten würden. Gegenüber dem pädagogischen Nutzen ist bei den Rektoren und Lehrern die Skepsis allerdings noch recht hoch. Lediglich 23 Prozent sind laut der Studie der Meinung, dass digitale Medien dazu beitragen werden, die Lernergebnisse der Schüler zu verbessern. Unter dem Eindruck, die Digitalisierung als zusätzliche Herausforderung wahrzunehmen und dem Umstand, dass nur 15 Prozent der Lehrkräfte versierte Nutzer digitaler Medien sind, sieht die Mehrheit des Lehrkörpers den digitalen Wandel im Besonderen darin, administrative Aufgaben besser zu bewältigen.
Die Studie stellt im Grundsatz fest, dass die Schulen die Digitalisierung nicht als strategisches Thema verfolgen und lediglich 8 Prozent der Schulleiter darin eine strategische Bedeutung sehen. Es fehlt an Konzepten und an der Einbindung hinsichtlich einer systematischen Schul- und Unterrichtsentwicklung. Ein Grund hierfür ist sicherlich auch das Fehlen der generellen Voraussetzungen. Beispielhaft hierfür ist das Fehlen oder die geringe Bandbreitenleistung einer drahtlosen Internetanbindung (WLAN). 50 Prozent der Lehrer klagen über eine mangelhafte technische Ausstattung an ihrer Schule. Rund 20 Prozent geben an, dass an ihrer Schule überhaupt keine WLAN-Anbindung vorhanden ist. Im schulischen Berufsalltag ist es den Lehrkräften wichtig, dass die Vorbereitungszeit des Unterrichtes mit digitalen Lernelementen gering gehalten werden kann und dass entsprechende Lernmaterialien kostenlos, geprüft und geordnet zur Verfügung stehen.
Auffassungen und Kritikpunkte
Die Auffassungen der Schüler gehen in eine andere Richtung und die große Mehrheit würde auch gerne im Schulunterricht mit digitalen Inhalten arbeiten, da sie hierdurch mehr Lernmotivation erhalten. Der Hochschulprofessor und Buchautor Gerald Lembke äußerte indessen heftige Kritik an der Studie der Bertelsmann-Stiftung, die nach seiner Auffassung die Thematik zu einseitig darstelle und den digitalen Wandel grundsätzlich nur positiv beleuchte. „In dieser Studie finden Sie auf 60 Seiten nur die Vorteile, nicht die Nachteile des digitalen Lernens“, so der Professor. Lembke verwies auf einen OECD-Bericht, in dem der Einsatz digitaler Hilfsmittel auch kritisch gesehen werden muss. Hierbei gilt nach Lembke vor allem der Ansatz, dass je jünger die Schüler sind, desto weniger bieten digitale Bildungsinhalte den gewünschten Lernerfolg.
Bildungswissenschaftler Lembke will die Digitalisierung nicht verteufeln, hegt allerdings Zweifel an der Interpretation der in der Studie erfassten Zahlen und rät zu einem spezifischen sowie gezielten Einsatz von digitalen Bildungsinhalten. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sieht in der Studie das Engagement der Bundesregierung für den „Digitalpakt Schule“ bestätigt und sieht diesen als entscheidenden Schritt für eine zukunftsfähige Bildungsoffensive. Sprecher der Oppositionsparteien sehen den „Digitalpakt“ des Bundesbildungsministeriums hingegen als unzureichend an und fordern höhere, langfristigere Finanzierungen sowie eine deutlich intensivere Unterstützung der einzelnen Bundesländer.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
- Haufe.de: Studie: Neun von zehn Schulleitern erwarten, dass digitale Bildung kommt – aber nur jeder fünfte Lehrer glaubt, dass das beim Lernen hilft
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