Zuletzt aktualisiert am 06.02.2025 um 23:59 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Lehrer haben ständig Ferien und arbeiten lediglich bis zur Mittagszeit. Nur zwei von vielen oft zitierten Klischees. Neue Protokolle und Analysen geben einen kleinen Einblick in die tatsächliche Welt der pädagogischen Arbeitswelt.
Protokolle einer großen Wochenzeitung
Im Auftrag einer großen deutschen Wochenzeitung haben einige Lehrer streng Protokoll über ihren Arbeitsverlauf geführt, sozusagen ein Stundenplan für Lehrer. Natürlich zeigt dieser kleine Bericht keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder einen repräsentativen Charakter auf, doch ist er ein Beitrag, die Sichtweise daraufzulegen, dass die pädagogische Arbeit weitaus mehr ist als nur der tägliche Regelunterricht. Lehrer leisten viele Arbeitsstunden und ihr Alltag gestaltet sich vielfältig und anstrengend.
Die Abwechslung innerhalb der Tätigkeit schafft Räume für Vielfältigkeit. Mal stehen wichtige Prüfungen an oder es gibt mehrere Klassenarbeiten gleichzeitig zu korrigieren. Unterrichtsvorbereitungen, Gespräche mit Kollegen oder Sozialarbeitern sowie den Eltern und Schülern nehmen einen gewichtigen Zeitraum in Anspruch. Hinzu kommen Ausflüge, Veranstaltungen, Kurse, Arbeitsgemeinschaften und Klassenfahrten. Die Bezahlung wird hierbei nicht für den gesamten Arbeitsaufwand bemessen.
Vereinbarte Zeit wird deutlich überschritten
Die vereinbarte Arbeitszeit eines Lehrers ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und richtet sich auch nach den Unterrichtsfächern und dem Alter des Lehrers. Man spricht hier vom sogenannten Deputat. In der Regel umfassen die reinen Unterrichtsstunden einer Lehrkraft am Gymnasium sowie der Grund- und Gesamtschule etwa 25 bis 28 Stunden pro Woche. Hinzu kommt der Zeitaufwand für Unterrichtsvorbereitung, Nachbereitung, Korrekturen, Gespräche und Ansprechbarkeit, sodass schnell eine deutlich höhere Stundenanzahl entsteht als gewöhnlich veranschlagt.
Die Lehrer, die innerhalb des Tests der Wochenzeitung einen detaillierten Stundenplan führen mussten, waren durchaus überrascht, wie viele Stunden ihr wirklicher Arbeitsaufwand pro Woche ausmachte. Die Erfahrungen zeigten auf, dass in fast allen Fällen die 40-Stunden-Woche für den bislang normalen Verlauf ihrer Tätigkeit nicht ausreichend war. Da die Lehrkräfte im Allgemeinen kein Buch über ihre Tätigkeiten führen und sich die Zeiten für viele Bereiche ihrer Arbeit selbst einteilen, ergaben sich aus den Aufzeichnungen ganz neue Eindrücke.
Berufsbild hat sich gewandelt
Nahezu einhellig war die Meinung der Lehrkräfte hinsichtlich des größeren Aufgabenfeldes und dem Zuwachs an Stressfaktoren im Beruf. In den Grundbereichen gibt es wiederkehrende und verschiedene Muster. So ist die Arbeit vor den großen Ferien geprägt von vielen Gesprächen mit Kollegen, um die einzelnen Kinder zur Zeugnisvergabe zu beurteilen. Hinzu kommen die Analysen und Gespräche mit den Eltern, von denen viele oft besorgt sind. Zur Zeit der Herbstferien ist die Situation etwas entspannter, da das neue Schuljahr gerade begonnen hat, doch gibt es hier wesentlich mehr Korrekturarbeit und Unterrichtsvorbereitung.
Lehrer zählen die Stunden nicht. Der Aufgabenzuwachs durch Inklusion und Digitalisierung ist ein schleichender Prozess, der neben der eigentlichen Arbeit einhergegangen ist und schlichtweg mit bewältigt werden musste, obwohl dieser sensible Bereich der pädagogischen Arbeit erheblich intensivere Einarbeitung, Schulung und Vorbereitung benötigt hätte. Mobbing, Gewalt, Respektlosigkeiten gegenüber den Lehrkräften sind ebenfalls deutlich angestiegen. Hinzu kommen gestresste Eltern und gestresste Schüler, die in einem fest verplanten Tagesablauf das Lernen nur als einen kleinen, notwendigen Abschnitt sehen.
Die Lehrkräfte wandeln immer mehr zu Sozialarbeitern und Diskussionen und Gespräche über „schwierige Schüler“ nehmen immer mehr Zeit in Anspruch. Nachmittagsbetreuung, Hausaufgabenhilfe und Inklusionskinder sind weitere Faktoren für die erhebliche Belastung. Viele Lehrer wünschen sich mittlerweile eine Doppelbesetzung für die Unterrichtszeit, um sich individueller den jeweiligen Kindern widmen zu können. Finanzielle Zwänge und stetiger Mangel an Lehrkräften machen dies unmöglich.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
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