Zuletzt aktualisiert am 02.10.2024 um 12:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) startet eine neue Aufklärungskampagne und plädiert damit für die Gleichbehandlung der Lehrkräfte, sodass Grundschullehrer finanziell nicht schlechter gestellt werden.
Die Verlierer des Systems
Vor Kurzem besuchte die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann die Backnanger Max-Eyth Realschule. Bei einer hier gehaltenen Rede bekräftigte die Ministerin Ihren Anspruch, dass alle Schulsysteme mit dem gleichen Respekt zu behandeln seien. Der Personalratsvorsitzende für Grund-, Haupt-, Real-, Gemeinschafts- und Sonderschulen im Rems-Murr-Kreis, Michael Stoeß, der bei der Veranstaltung zugegen war, hat bezüglich des wünschenswerten Gedankenganges der Ministerin erhebliche Zweifel und sieht im Kern eine gänzliche anderweitige aktuelle Sachlage vorliegen.
Stoeß mahnt an, dass bezüglich der Besoldungsgruppierungen innerhalb der Schulsysteme mit unterschiedlichem Maß gemessen werde und so durchaus finanzielle Diskrepanzen entstünden. Besonders altgediente Hauptschullehrer seien in den Augen des Personalratsvorsitzenden die Verlierer des Systems. Nach Ansicht von Michael Stoeß habe sich vor allem mit der Einführung des Gemeinschaftsschulsystems die Gesamtsituation stark verändert, was nebenher auch die Folge hat, dass auch Grundschullehrer einer gleichgestellten Besoldung erheblich hinterherhinken.
Bundesweite Aktionskampagne
Auch im Kreisvorstand der Lehrergewerkschaft GEW ist Michael Stoeß tätig. Zusammen mit seinen Kollegen will Stoeß mit bundesweiten Aktionen und vielen Pressegesprächen auf die nach seiner Ansicht missliche Situation der ungerechten und ungleichen Behandlung unter den einzelnen Schularten aufmerksam machen. Nach Auffassung der GEW ist die vor sechs Jahren durchgeführte Reform der Lehrerausbildung für diese Problematik ursächlich. Seinerzeit wurde zum einen das bis dahin gemeinsame Lehramt von Grund- und Hauptschule getrennt, sondern zum anderen folgte auch eine andere Besoldungseinstufung hinsichtlich des Einstiegsgehalts in Primär- und Sekundärstufen.
Viele Experten waren bei der damals durchgeführten Reform der Ansicht, dass eine in allen Schulbereichen vergleichbare Ausbildungsrichtlinie von Vorteil wäre. Einer entsprechenden Umsetzung man schenkte man aber keinerlei Bedeutung. Im Gegenteil. Auch vier Jahre später, bei einer neuerlichen Reform, kam keine vernünftige Regelung in Betracht. Es folgte die Umstrukturierung zum Bachelor und Masterabschluss und die Ausdehnung auf eine Studiendauer von 10 Semestern. Die Studiendauer für die Primarstufe wurde bei acht Semestern belassen. Das GEW-Kreisvorstandsmitglied Roland Theophil merkte hierzu gegenüber der Presse an, dass er in diese Regelungen im Endergebnis keinen Sinn sehe, da schließlich alle Pädagogen an der Ausbildung von Kindern arbeiten würden.
An den Grundschulen keimt die Wurzel des Übels
Für Theophil steht fest, dass seit dieser letzten Reform augenscheinlich nach den politisch gewollten Devisen verfahren wird, große Kinder zu unterrichten ergibt am Monatsende halt auch mehr Gehalt. Dabei sind gerade die Grundschullehrer häufig mit allerlei Nebenbeschäftigungen betraut. Elterngespräche, Lernstanderhebungen und sogar verwaltungstechnische Abläufe sind hier oftmals gängiger Tagesablauf. Für Roland Theophil ist gerade die geringere, ungleiche Bezahlung der Hauptgrund für die fehlenden Nachwuchslehrkräfte an den Grundschulen. Bei den Schulleitern sei die Problematik noch wesentlich größer, so Theophil. Mit der für eine Tätigkeit von diesem Ausmaß gewährten Zulage von 168 Euro brutto ist diese verantwortungsvolle Tätigkeit mehr als wenig vergütet.
Die Anspannung und der Ärger an den 83 Grundschulen im Kreis von Gewerkschafter Theophil sind gewaltig. Die viel zu dünne Personaldecke und die niedrige Besoldung, die im Monatsdurchschnitt etwa 370 bis 450 Euro ausmacht, tragen nicht zur Beruhigung des Nervenkostüms der betroffenen Lehrkräfte bei. Nach den Erfahrungen der Gewerkschafter ist das aber nicht nur bei den Grundschulen so. Auch lange im Amt stehende Haupt- und Realschullehrer werden nach dem niedrigeren Tarif entlohnt, auch wenn sie oftmals mehr als zwei Jahrzehnte gute Arbeit verrichten. Es gibt zwar theoretische Weiterqualifikationsmöglichkeiten, die zum Übergang an eine Gemeinschaftsschule berechtigen, doch steht auch hier das Verhältnis von verfügbaren Plätzen und Anwärtern in keinem Verhältnis.
Für die Gewerkschafter steht daher eines besonders im Vordergrund und ihr Appell richtet sich dahin gehend den Beispielen aus Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Berlin zu folgen und zukünftig alle Lehrkräfte, vor allem die Grundschullehrer nach Besoldungsgruppe A 13 zu bezahlen. Roland Theophil und Michael Stoeß sind neben vielen anderen Gewerkschaftsvertretern, Eltern und natürlich den betroffenen Lehrern der festen Überzeugung, dass gerade in einem der reichsten Bundesländer wie Baden-Württemberg diese Umsetzung erreichbar sein müsste.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
- Stuttgarter-nachrichten.de: Gewerkschaft fordert Gleichbehandlung der Lehrer
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