In vielen Bundesländern gehen die Sommerferien dem Ende entgegen und so richtet sich das Hauptaugenmerk auf die Planungen und Entwicklungen sowie die bildungspolitischen Richtlinien für das neue Schuljahr 2017/2018, welches Lehrkräfte und Referendare erneut vor große Herausforderungen stellen dürfte.
Bayern: Stundentafel und Qualitätsmodell neues bayerisches Gymnasium
Das im April von der bayerischen Staatsregierung beschlossene „Qualitätsmodell – neues bayerisches Gymnasium“ liegt nach Angaben des bayerischen Bildungsministers Dr. Ludwig Spaenle (CSU) voll im Zeitplan. Im Juli wurde der hierfür ausgearbeitete Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der Teil eines weitreichenden Bildungspaketes ist und nun beschlussfähig sein soll. Hierbei geht es in der Kernthematik um die Schlagwörter „Fördern, Fordern, Forschen“ und die Anbindung sowie Schaffung von 2000 neuen Lehrerstellen, die für alle Schularten eine positive Entwicklung darstellen sollen. Hauptbestandteil ist das neunjährige Gymnasium mit individueller Lernzeit, vertiefter Allgemeinbildung und einem hohen Anspruch an weitergehender Studierfähigkeit.
Dr. Spaenle erklärte sich hierzu auf einer Pressekonferenz: „Das neue bayerische Gymnasium legen wir grundständig auf neun Schuljahre an, wir ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern aber auch, die Lernzeit individuell und pädagogisch begleitet auf acht Jahre zu verkürzen. Damit können wir der gewachsenen Heterogenität der Schülerinnen und Schüler und dem Bedarf an zusätzlicher Lernzeit für neue inhaltliche Anforderungen Rechnung tragen.” Nahezu zeitgleich stellte der Minister die Aspekte und Inhalte der neuen bayerischen „Stundentafel“ vor. Bei der Umsetzung wurden viele Wünsche von Schülern und Eltern berücksichtigt, die Stärkung einzelner Fächer erreicht und die Persönlichkeitsbildung in den Vordergrund gestellt.
Konzeption und Aspekte Stundentafel
Thüringen: Neue Attraktivität für Lehrkräfte
Das Land Thüringen will ab diesem Monat wieder mehr Lehrkräfte in den Beamtenstatus erheben. Hiervon sollen nach Angaben der Landesregierung rund 2100 Lehrer profitieren, die bereits beim Land tarifvertraglich beschäftigt sind. Auch neu einzustellende Lehrkräfte sollen verbeamtet werden. Bildungsstaatssekretärin Gabi Ohler sprach in diesem Zusammenhang von einem bedeutenden Schritt für die Attraktivität des Standortes Thüringen und der Gewinnung neuer Kollegen. „Die zeitnahe Wiedereinführung der Verbeamtung sei ein Mammutprojekt, welches nur unter einem hohen Maß der Zusammenarbeit aller Akteure zügig umgesetzt werden konnte“, so Ohler.
Die rot-rot-grüne Landesregierung setzt mit der Maßnahme Teile eines Gesamtpaketes um, das den Bildungsstandort Thüringen stärken soll. Darunter fällt auch die unbefristete Neuanstellung von rund 3000 Lehrkräften bis zum Jahr 2019 und die Schaffung einer sogenannten „Vertretungsreserve“, beispielsweise an Kinderhorten, sowie die erleichterte Aufnahme von Seiteneinsteigern. Das Ziel ist eine Unterrichtsgarantie für Thüringen. Staatssekretärin Ohler hierzu weiter: „Hierfür brauchen wir mehr Lehrer, aber auch weitere Schritte. Die Kommission „Zukunft Schule“ hat ihre Reformvorschläge für das Thüringer Schulsystem vorgestellt. Wir wollen den nun folgenden Umsetzungsprozess sachorientiert und parteiübergreifend gestalten und die notwendigen Schritte zügig angehen.“
Nordrhein-Westfalen: Ambitionierte Pläne der neuen Bildungsministerin
Seit Juni ist die 51jährige Yvonne Gebauer (FDP) neue Bildungsministerin im einwohnerreichsten Bundesland. Zuvor war Gebauer Landtagsabgeordnete und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Ratsfraktion in Köln. Nun soll sie die ambitionierten bildungspolitischen Richtlinien der neuen Landesregierung umsetzen, die zuvor im Landtagswahlkampf eine wesentliche Rolle eingenommen haben. Hierbei setzt die Koalition aus CDU und FDP auf die Konzentration aller Mittel, um den massiven Unterrichtsausfall an den nordrhein-westfälischen Schulen einzudämmen. Die Erteilung des Unterrichts im Rahmen einer Unterrichtsgarantie zu sichern, soll den Schülern eine bestmögliche individuelle Förderung gewährleisten. Dazu muss die neue Bildungsministerin vor allem die Lehrerversorgung in ihrem Land deutlich stärken.
Bildungspolitische Sprecher der Koalition äußerten hierzu: „Vor allem fachspezifische Nachbesetzungen sollen so ermöglicht werden. Mittelfristig streben wir eine 105-prozentige Lehrerversorgung an, vordringlich an den Grundschulen. Wir wollen die Klassengrößen schrittweise reduzieren und die Schüler-Lehrer-Relation verbessern. Um die Schulen bei den vielfältigen sozialen Herausforderungen zu unterstützen, werden wir den Einsatz multiprofessioneller Teams ausbauen!“
Baden-Württemberg: Fortbildung verbessern!
Nach den Ergebnissen aus einer Befragung von rund 13.000 Lehren in Baden-Württemberg zum Thema Fortbildung, wünscht sich eine überwiegende Mehrheit der Teilnehmer eine deutlich bessere fachmethodische Umsetzung der Lehrerfortbildung und mehr Fachkompetenz. Einhergehend mit dem Umfrageergebnis kündigte die zuständige Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) an, dass bereits jetzt erste Schritte zur Qualitätsverbesserung bei der Lehrerfortbildung eingeleitet werden, und verwies hierzu auch auf die im Jahr 2019 zu gründende Institution zur Bildungsanalyse, Schulqualität und Lehrerbildung.
Methodik: Debatte um „Schreiben nach Gehör“
Eine anhaltende Debatte wird es auch im kommenden Schuljahr um die umstrittene Lernmethode „Schreiben nach Gehör“ an vielen bundesdeutschen Grundschulen geben. In einigen Bundesländern, wie beispielsweise Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben sich die zuständigen Minister bereits deutlich kritisch bezüglich des Lernansatzes geäußert. In Hamburg und Baden-Württemberg ist die Lernmethode bereits komplett verboten. Der Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD) sagte in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen: „Viele Lehrer haben zu lange geglaubt, dass Kinder richtiges Schreiben mit Hilfe genialer Unterrichtsmethoden im Vorbeigehen lernen. Aber Rechtschreibung muss man echt üben.“
An der Lernmethode scheiden sich nach wie vor die Geister und auch anerkannte Sprachwissenschaftler sind hierbei unterschiedlicher Auffassung. Hierbei tritt der Grundgedanke, dass Schreiben so einfach zu erlernen ist wie das Sprechen in den Vordergrund, wobei die weiterführende Leichtigkeit der Umsetzung von vielen angezweifelt wird. Nach Sprachwissenschaftler Wolfgang Steinig wird die Lernmethodik bei der Verschlechterung der deutschen Rechtschreibung bei Grundschülern eine wesentliche Rolle einnehmen. Steinigs Kollege, Hans Brügelmann, sieht in der Methode die Möglichkeit, dass die Kinder sehr früh in die Struktur der Schrift eindringen können.