Zuletzt aktualisiert am 10.12.2024 um 23:51 Uhr, Geschätzte Lesezeit: 3-4 Minuten
Nach außen zögert Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Spekulationen um eine mögliche Rekrutierung von EU-Bürgern für die Bundeswehr Nahrung zu Verschaffung und gibt sich gelassen. Intern werden solche Planungen und Maßnahmen bereits seit Längerem durchgespielt. Konkrete Überlegungen hin zu einer multinationalen Armee oder einer „Söldnertruppe“ könnten Anlass zu scharfer Kritik und strikten Abwehrhaltungen geben.
Die größten Vorbehalte gegenüber einer derart komplexen Öffnung der Bundeswehr dürften sich den eigenen Parteireihen der Verteidigungsministerin auftun. Der konservative Flügel der Union wäre auf den Plan gerufen, war die Haltung gegenüber solchen „Modernisierungen“ bereits in der Vergangenheit äußerst reserviert. Für Kräfte rechts der Union, wie der AfD (Alternative für Deutschland), wäre eine derartige Bekundung ein gefundenes Wahlkampfthema und auch unter den Soldaten selbst dürfte es genügend Stimmen geben, die den eigentlichen Sinn der Maßnahme hinterfragen würden. Zu dieser Einschätzung gelangte auch der Wehrbeauftragte der Sozialdemokraten, Hans-Peter Bartels. Der Bundeswehrverband verweist in diesem Zusammenhang auf das besondere Treueverhältnis zwischen dem Staat und den Soldaten.
Prüfungsrelevante Option
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, bestätigte gegenüber der Presse, es gäbe durchaus Überlegungen, die Option „EU-Bürger in Uniform“ zu prüfen. Als einer der größten öffentlichen Arbeitgeber, mit einem verfassungsmäßigen Auftrag, benötige die Bundeswehr ausreichenden, qualifizierten Nachwuchs, so der ranghöchste deutsche Berufssoldat. Gerade in Zeiten des anhaltenden Fachkräftemangels müsse man zukunftsorientiert alle Möglichkeiten ausschöpfen. Hierbei gehe es um spezifische Fachbereiche, beispielsweise in der Medizin oder in der Informationstechnik. Die Idee, mit EU-Ausländern Truppensegmente zu modernisieren oder aufzufüllen, ist nicht neu. Eine erste Expertenkommission zu dieser Frage wurde bereits im Jahr 2010 ins Leben gerufen. In diesem Zusammenhang ging es seinerzeit auf um die Steigerung der Attraktivität des Bundeswehrdienstes zwecks Nachwuchsgewinnung.
Ähnliche Konzepte fanden sich seitdem in Strategiepapieren und sicherheitspolitischen Überlegungen. Die Vorbereitungen sind konkreter als gemeinhin bekannt und im Rahmen dieses Prozesses wurden hierzu bereits etwa 26 europäische Staaten zurate gezogen. Einige Staaten verwiesen auf die eigene Wehrpflicht oder verfassungsrechtliche Bedenken. Andere reagierten gar nicht oder äußerten eine klar ablehnende Haltung. Begründet liegt dieses auch an den zu befürchtenden Abwerbungen, unter dem Angebot einer höheren Besoldung. Aus internen Quellen geht hervor, dass sich nur Dänemark, Tschechien, Schweden und Belgien bisher aufgeschlossen gegenüber einem derartigen Vorhaben seitens des Bundes zeigten. Frankreich zeigte sich trotz der gemeinsamen deutsch-französischen Brigade und dem oftmals geforderten Beschluss zu einer gemeinsamen europäischen Armee zwar gesprächsbereit, aber eher verhalten.
Richtlinien der Grundgesetzgebung
Die Grundszenarien für eine allgemeine Öffnung der Bundeswehr, über bilaterale Abkommen oder auch der Rekrutierung aus Staaten, die ihrerseits Ausländer einstellen, müssen der verfassungskonformen Beachtung unterliegen. Im Sinne des Grundgesetzes kann nur derjenige zum Soldaten berufen werden, der Deutscher ist (Artikel 116 Grundgesetz). Innerhalb der zuständigen Kommission kristallisierte sich hierbei heraus, dass es im Besonderen um EU-Bürger gehe, die bereits in der Bundesrepublik ansässig sind oder mit denen es rechtsbindende Verträge für anerkannte Berufsabschlüsse gibt, so wie beispielsweise der Schweiz.
Ein klares Bekenntnis zu den verfassungsmäßigen Grundsätzen, die deutsche Sprache und das Vorweisen eines polizeilichen Führungszeugnisses gehen damit einher. Normalität ist inzwischen, dass viele EU-Ausländer bei den Polizeien der Länder ihren Dienst verrichten. Auch bei der Bundeswehr beläuft sich mittlerweile der Anteil von Soldaten mit sogenannten „Migrationshintergrund“ auf gut 13 Prozent. Diese Internationalität der Truppe findet sich auch in den Führungsstäben der NATO und in den länderübergreifenden Einheiten wieder. Neben der steigenden Anzahl von Frauen in der Bundeswehr liegt in der Strategieausrichtung zu einem mehr an „Vielfalt“ eine Menge Potenzial.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
Bewertung abgeben
( Abstimmen)