Das bildungspolitische Chaos an Deutschlands Schulen nimmt scheinbar kein Ende. Erst führten fast alle “alten” Bundesländer das sogenannte Turbo-Abitur (G8) ein, nun rudern die meisten Länder zum alten G9-System zurück. Statt endlich der längst überfälligen Forderung nach einem einheitlichen Schulsystem Rechnung zu tragen, stellen sich nun wieder jede Menge Problematiken und offene Fragen ein.
Umstrukturierung von Lehrerstellen
Die Fakten in der Debatte um G8 und G9 scheinen keine Rolle mehr zu spielen. Nach der verkündeten Kehrtwende der Politik in Bayern und in Nordrhein-Westfalen sind die durchaus vorhandenen Argumente für das G8-Abitur wohl endgültig beiseite gekehrt und die Umstrukturierungsmaßnahmen zurück zum alten System sind in vollem Gange. Durch G8 sparten viele Länder Lehrerstellen ein, die nun vermutlich wieder neu besetzt werden müssen. Insgesamt ist die Situation an deutschen Gymnasien noch nicht so dramatisch, da der Lehrermangel vor allem die Grundschulen betrifft.
In Nordrhein-Westfalen geht die neue schwarz-gelbe Landesregierung von einem Mehrbedarf an Lehrern aus. Hier und auch bundesweit sind konkrete Zahlen aber nicht bekannt, da hierfür relevante Faktoren längst noch nicht überschaubar sind. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft spricht von rund 2000 neuen Gymnasiallehrerstellen.
Regionale Situation und Bedarf
Die Situation stellt sich naturgemäß in jedem betroffenen Bundesland anders da, dennoch gilt grundsätzlich, dass in eher ländlichen Regionen benötigte Lehrerstellen sehr viel schwieriger zu besetzen sind als in den Ballungsgebieten der Großstädte und Städten mit Universitäten. Ein offensichtlicher Lehrermangel besteht augenscheinlich bei den sogenannten MINT-Fächern wie Mathematik, Informatik oder Physik, bei denen die Schulen mit der Industrie konkurrieren.
Im Schuljahr 2015/2016 waren in der Bundesrepublik 201.163 Lehrer an Gymnasien Voll- und Teilzeit oder stundenweise beschäftigt. Bezogen auf Nordrhein-Westfalen geht das zuständige Ministerium davon aus, dass bis zum Ende des Schuljahres 2019 etwa 4.500 Lehrer an Gymnasien und Gesamtschulen in den Ruhestand gehen. Gemessen an den bis dahin 7.800 Lehrern, die dann in dieser Schulform ihren Vorbereitungsdienst absolviert haben, käme es dort zahlenmäßig sogar zu einem Überschuss.
Die Angaben für das Lehramtsstudium sind ebenfalls schwankend und beziehen sich meist auf alle Schulformen. Außerdem gilt es zu beachten, dass ein nicht unerheblicher Teil der Studierenden und der Referendare das entsprechende Bundesland nach Beendigung von Studium und Ausbildung wieder verlässt. Für eine befristete Übergangszeit hinsichtlich der G9-Wiedereinführung bestünde noch die Möglichkeit bereits pensionierte Lehrer zu reaktivieren, wenn die Politik hierfür gewisse Anreize schaffen würde.
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