Lehrer und Eltern in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm und beklagen die Zunahme von Gewalt und Straftaten an den Schulen. Viel zu lang verharrte das Thema in einer Art Grauzone der öffentlichen Wahrnehmung, doch die Betroffenen, Lehrerverband und die Gewerkschaften fordern nun ein deutliches Signal seitens der Politik.
Anstieg von schweren Delikten
Die deutliche Zunahme schwerster, unfassbarer Gewalt gipfelte zunächst Ende Januar an der Käthe-Kollwitz-Schule in Lünen, wo ein 14 jähriger Schüler einen 15 jährigen Mitschüler bei einem eskalierenden Streit mit einem Messer niederstach und dieser verstarb. Laut nordrhein-westfälischer Kriminalstatistik ist gerade im Bereich der Delikte gegen Leib und Leben die Hemmschwelle erheblich gesunken. Die Zahlen der statistischen Erhebung für das Jahr 2017 geben ausreichenden Anlass zur Besorgnis. An den nordrhein-westfälischen Schulen, nicht eingerechnet Hoch- sowie Fachhochschulen, wurden insgesamt fast 23.000 Straftaten zur Anzeige gebracht. Eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr um rund 5 Prozent.
Der reine prozentuale Anstieg bereitet den Verantwortlichen dabei keine allzu großen Kopfschmerzen, sondern die Zusammensetzung der Taten. Im Bereich der Körperverletzung erreichten die Zahlen einen Anstieg von 10,7 Prozent und bei Raubdelikten sogar rund 15,4 Prozent. An den Schulen im Land wird in Sachen Bewaffnung erschreckend aufgerüstet. Allein im vergangenen Jahr erhöhten sich die Verstöße gegen das Waffengesetz um über 30 Prozent. Den größten Anstieg aber gab es im Bereich der sexuell motivierten Straftaten, die in extremer Weise um 41,5 Prozent in die Höhe schnellten. Insgesamt eine äußerst ernst zu nehmende Gewaltentwicklung, die dringend einzudämmen ist.
Gewaltspirale unverzüglich stoppen
Der Landesvorsitzende des Lehrerverbandes, Stefan Behlau, hatte sich schon seit Längerem für eine Öffnung des Tabuthemas „Gewalt an den Schulen“ stark gemacht und eine längst fällige Unterstützung seitens der Politik eingefordert. Behlau, der auf die immer weiter ansteigende Gewaltspirale, auch gegen die Lehrkräfte verwies, forderte neben dem Einsatz von Psychologen, Sozialarbeitern und anderem Personal zur Unterstützung auch weitreichende vorbeugende Maßnahmen. Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Dorothea Schäfer, auch tätig in der Funktion einer CDU-Landrätin, forderte ebenso den Einsatz von Schulpsychologen.
Schäfer setzt auf einen verstärkten Personaleinsatz im Hinblick auf die Gewaltprävention und sieht zum Teil die sozialen Medien als Verursacher des Absinkens der Hemmschwelle bei Beleidigungen, Mobbing und Bereitschaft zu Gewalttaten. Doch wird sich die Entwicklung nur durch den Einsatz einiger Psychologen stoppen lassen? Allein politische Floskeln, wie die Aussage aus dem nordrhein-westfälischen Kultusministerium, dass es für physische und psychische Gewalt an den Schulen keinen Platz gäbe, dürfte die untragbare Situation nicht beenden.
Weiterführende Quellen zu diesem Thema:
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